Illustration eines Wissenschaftlers, der über die Erde rennt und einen Kolben traägt.
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Gleichstellung
Was beeinflusst die Mobilität von Forscherinnen?

Die Humboldt-Stiftung hat Untersuchungsergebnisse zur Mobilität von Wissenschaftlerinnen veröffentlicht. Es geht um strukturelle Barrieren.

31.03.2022

Prekäre Beschäftigungsbedingungen und Vorurteile hindern weltweit hochqualifizierte Frauen in der Wissenschaft daran, international mobil zu sein. Durch die Annahme, dass Wissenschaftlerinnen durch familiäre Verpflichtungen gar keine Forschungsaufenthalte im Ausland wahrnehmen könnten, werden sie für diese mitunter gar nicht in Betracht gezogen. Das zeigt eine Untersuchung, die das Kompetenzzentrum Frauen in Wissenschaft und Forschung (CEWS) am GESIS Leibniz-Institut für Sozialwissenschaften für den Untersuchungszeitraum 2010 bis 2019 im Auftrag der Alexander von Humboldt-Stiftung durchgeführt hat.

Länderübergreifend sei die Übernahme von Care-Arbeit in Familien ein Hindernis für Wissenschaftlerinnen, international mobil zu werden. Aber auch wenn diese gar nicht bestehen, würden die Versorgungspflichten von Wissenschaftlerinnen von möglichen Kooperationspartnern angenommen. Ein weiteres Hindernis für Mobilität ist der Untersuchung zufolge das Phänomen der so genannten homosozialen Zusammenarbeit: Internationale Wissenschaftlerinnen arbeiteten eher mit Frauen zusammen, während Männer häufiger von anderen Männern eingeladen würden. Dies gelte auch im Humboldt-Netzwerk. Es gibt insgesamt weniger Frauen als Männer in der Wissenschaft, weshalb Dr. Andrea Löther, Leiterin der Untersuchung am CEWS, auch betont: "Ein wichtiger Schlüssel bei Fragen des Zugangs sind auch die Gastgebenden". Es müssten weitere Forscherinnen und Professorinnen in Deutschland als wissenschaftliche Gastgeberinnen gewonnen und Männer ermutigt werden, internationale Wissenschaftlerinnen stärker als Kooperationspartnerinnen wahrzunehmen.

Zu wenig Dual Career-Angebote

Eine weitere Barriere sei, dass es zu wenig Dual Career-Angebote für die Gruppe der hochqualifizierten international mobilen Forscherinnen gebe, die Partner und Partnerinnen mit eigenen Karrieren haben. Eine Partnerschaft mit zwei Karrieren sei hinderlicher für die internationale Mobilität als die Versorgung eines Kindes und würde Wissenschaftlerinnen besonders treffen: Bei Männern sei es seltener, dass die Partnerin oder der Partner einen Beruf habe und eine eigene Karriere verfolge, so dass diese als sogenannte "portable partner" eher in der Lage seien, den Ort zu wechseln.

Die Befragung sollte ermitteln, welche Bedürfnisse qualifizierte Frauen weltweit haben, um sie international mobil zu machen und als Wissenschaftlerinnen für Deutschland zu gewinnen. Nach Ansicht von Stiftungspräsident Professor Hans-Christian Pape braucht Forschung "die Vielfalt der Perspektiven – die Vielfalt der Geschlechter ebenso wie die der Nationalitäten, Kulturen, Lebensweisen oder der sozialen und persönlichen Hintergründe".

Ausgewertet wurden Daten zu den Forschungs- und Hochschulsystemen und der Teilhabe von Frauen in 14 Ländern, darunter Spanien, Polen, Südafrika, Nigeria, Indien, die USA und Chile. Die Ergebnisse fließen laut Mitteilung in die Umsetzung der Agenda für gelebte Vielfalt der Humboldt-Stiftung ein, mit der sie sich verpflichtet, in allen Bereichen des Stiftungshandelns Diversität aktiv zu befördern.

cpy