Symbolbild globaler Kommunikation und Technologie: Weltkugel mit zahlreichen Verbindungslinien runrum
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Jahresgutachten 2023
EFI mahnt bessere Innovationspolitik an

Die Expertenkommission Forschung und Innovation will Innovationen in Deutschland vorantreiben. Dafür hat sie einige Vorschläge vorgelegt.

15.02.2023

Die Expertenkommission Forschung und Innovation (EFI) hat die Innovationspolitik der aktuellen Bundesregierung kritisiert. Mehrere Aufgabenbereiche würden vernachlässigt, eine "Zeitenwende" sei auch in der Innovationspolitik notwendig. So mahnt die Kommission in ihrem Jahresgutachten, das sie am Mittwoch an Bundeskanzler Olaf Scholz übergeben hat, unter anderem, neben den mit dem Ukrainekrieg verbundenen sicherheitspolitischen Herausforderungen weitere gesellschaftliche Herausforderungen nicht zu vergessen. Vor allem die großen Transformationen – wie Dekarbonisierung und Digitalisierung – dürften nicht auf der Strecke bleiben.

Neuer Zukunftsausschuss soll politische Koordination verbessern

Trotz der am 8. Februar verabschiedeten "Zukunftsstrategie Forschung und Innovation" sei die Bundesregierung hierbei "erstaunlich wenig vorangekommen". Die Zukunftsstrategie sehe zwar ein Zusammenwirken mehrerer Politikfelder vor, um technologische und soziale Innovationen anzustoßen. Aktuell seien die entsprechenden Maßnahmen und Strategien der unterschiedlichen Ressorts jedoch kaum miteinander abgestimmt. Diese mangelnde politische Koordination könne sich Deutschland zeitlich und finanziell nicht leisten.

Die Expertenkommission empfiehlt daher, einen ständigen Zukunftsausschuss einzurichten, der die jeweiligen Ziele und Strategien der Ministerien koordinieren soll. So sollen etwa die "Zukunftsstrategie Forschung und Innovation", die "Digitalstrategie" und die "Start-up-Strategie" besser aufeinander abgestimmt werden. Der Zukunftsausschuss solle im Bundeskanzleramt verankert und vom Chef des Bundeskanzleramtes geleitet werden. Dem Bundeskabinett sowie dem Deutschen Bundestag soll der Ausschuss laut EFI regelmäßig Rechenschaft ablegen.

Souveränität in der Raumfahrt und militärische Forschung

Auch zu einzelnen Themen äußert sich die EFI in ihrem Gutachten. So solle Deutschland etwa die Potenziale der Raumfahrt besser nutzen, da Weltraumtechnologien zur Bewältigung gesellschaftlicher Krisen beitragen könnten. Daten von Satelliten seien neben militärischen auch für zivile Zwecke enorm wichtig, unter anderem für die moderne Kommunikation und Navigation, zur Erforschung des Klimawandels oder beim Katastrophenschutz. Weltrauminfrastrukturen seien daher kritische Infrastrukturen und besonders zu schützen. Unternehmen bräuchten für ihre Weltraumaktivitäten und Raumfahrttechnologien außerdem rechtliche Klarheit, Deutschland besitze jedoch noch immer kein nationales Weltraumgesetz. In der Raumfahrt gehe es zudem um technologische Souveränität, die auf europäischer Ebene gedacht werden müsse. "Darüber hinaus dürfen mögliche Synergien aus der gemeinsamen zivilen und militärischen Verwendung von Weltrauminfrastrukturen nicht ungenutzt bleiben", sagte der EFI-Vorsitzende Professor Uwe Cantner.

Synergien zwischen militärischer und ziviler Forschung solle die Bundesregierung auch bei ihrer Forschungs- und Innovationsförderung in den Blick nehmen, heißt es in dem Gutachten. Die bestehende strikte Trennung zwischen militärischer und ziviler Forschung stellt die EFI in Frage, da Deutschland dadurch fortlaufend Synergieeffekte und Innovationsimpulse entgingen. "Beispielsweise ist die Cybersicherheit sowohl für den zivilen als auch für den militärischen Sektor immens wichtig. Hier sollten die Anstrengungen in der Forschung gebündelt werden", fordert Cantner. Vor dem Hintergrund der Zeitenwende sollten auch Wissenschaftseinrichtungen bestehende Zivilklauseln, mit denen sie sich verpflichten, ausschließlich für zivile Zwecke zu forschen, prüfen.

Technologiemärkte besser nutzen

Das Gutachten befasst sich auch mit sogenannten Technologiemärkten, auf denen technologisches Wissen in Form von Rechten zum Schutz geistigen Eigentums (sogenannte IP-Rechte) wie zum Beispiel Patenten gehandelt wird. Die Beteiligung deutscher Unternehmen an diesem Handel sei bislang gering. Künftig sollten Ideen für Innovationen auf diesen Märkten besser verwertet werden, so die EFI. Es gehe um eine effizientere Arbeitsteilung, indem das Wissen, das von einem Unternehmen entwickelt wurde, durch ein anderes Unternehmen in die Anwendung überführt werden kann. Das gebe der Wirtschaft stärkere Anreize, in Forschung und Entwicklung zu investieren, und sei eine Chance, das Potenzial ungenutzter Patente zu heben.

Die EFI schlägt dafür vor, die Datenbanken des deutschen und des europäischen Patentamts dahingehend zu verbessern, dass Interessenten leichter an relevante Informationen kommen. Außerdem empfiehlt die EFI, bestehende Verwertungsstrukturen an Hochschulen und außeruniversitären Forschungseinrichtungen, insbesondere Technologietransfer und Patentverwertung, weiter zu professionalisieren sowie unternehmerischer und wettbewerblicher auszurichten.

Die Expertenkommission Forschung und Innovation berät die Bundesregierung seit 2008 und legt jährlich ein Gutachten zu Forschung, Innovation und technologischer Leistungsfähigkeit Deutschlands vor.

ckr