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News: Lehren und Forschen in China

Ich habe in den letzten 3 Jahren an als Dekan an einer Universität in Chengdu im Südwesten Chinas gearbeitet und finde mich mit meinen Erfahrungen und meinen Wahrnehmungen in diesem Artikel in keiner Weise wieder. Ich erlebte eine eindrucksvolle Willkommenskultur gegenüber internationalen Experten, ein großzügiges Gehalt, weit über dem was meine chinesischen Kollegen in vergleichbaren Positionen erhalten, fleißige Studierende mit großer Lernbereitschaft, die Anregungen aufnehmen wie ein Schwamm, und exzellenten Umfangsformen; eine herzliche Gastfreundschaft auch bei dem „Mann auf der Straße“. Ich habe dort immer gerne gearbeitet und gelebt. Wenn ich allerdings einen nicht zufriedenstellenden Vertrag erst unterschreibe und auf Nachverhandlungen setze, kann das auch in Deutschland zu Frustration führen. In der Tat, der Publikationsdruck ist (unangemessen) hoch, ebenso das Ranking, aber das gilt inzwischen auch für deutsche (Top-) Universitäten, wenngleich mit mehr Augenmaß. Das Verwaltungshandeln ist oft weder transparent noch effizient, aber das habe ich auch an deutschen Universitäten erlebt, wenngleich in geringerem Ausmaß. Trotzdem: die positiven Erfahrungen sind dominant. Videokameras im Hörsaal habe ich nicht erlebt, außer für Online-Veranstaltungen 2020. Natürlich musste ich mich vertraglich verpflichten, mich an die Gesetze der VR China zu halten. Politische Diskussionen mit meinen Studierenden habe ich weder in China noch vorher in Deutschland gesucht, mich stattdessen an die Maxime Max Webers gehalten: Politik gehört nicht aufs Katheder. Aber dass ich meine Lehre frei gestalte, einen ganz anderen Stil pflege als meine chinesischen Kollegen, dass ich internationale Studienkultur und unabhängiges Denken fördere und die Studierenden motiviere, ihren eigenen Stil zu entwickeln – das wurde von der Universität nicht nur unterstützt, sondern regelrecht erwartet. Erlebnisse wie die geschilderten sind bedauerlich, die Gesamtsituation beschreiben sie nicht.