Antibiotika-Resistenzen
39 Millionen Tote in den nächsten 25 Jahren
Bis 2050 sterben schätzungsweise zwei Millionen Menschen pro Jahr aufgrund von Antibiotika-Resistenzen. 39 Millionen Todesfälle könnten so insgesamt zustande kommen, meldet eine am Montag in der Fachzeitschrift "The Lancet" veröffentlichte Studie.
Eine Antibiotika-Resistenz liegt vor, wenn ein Antibiotikum seine Wirkung verliert. Ein Patient oder eine Patientin mit einer bakteriellen Infektion spricht nicht mehr auf das Medikament an, die krankmachenden Bakterien werden nicht vernichtet. Dies geschieht als natürliche Folge der Gabe von Antibiotika – nur empfindliche Bakterien werden abgetötet, resistente überlebe und können sich vermehren, so dass die resistenten Bakterien immer mehr werden. Antibiotika-Resistenzen treten vermehrt dort auf, wo viele Antibiotika gegeben werden. Laut der aktuellen Studie werden im Jahr 2050 etwa zwei Millionen Menschen pro Jahr sterben, weil sie nicht mehr mit den zur Verfügung stehenden Antibiotika behandelt werden können.
Ältere Menschen besonders gefährdet
Die internationalen Forschenden des Projekts "Global Burden of Disease" haben ermittelt, dass zwischen 1990 und 2021 mehr als eine Million Menschen weltweit pro Jahr in Folge von Antibiotika-Resistenzen gestorben ist. Dabei sei die Sterblichkeit von Kindern, die jünger als fünf Jahre alt sind, in den letzten 30 Jahren um mehr als 50 Prozent gesunken. Währenddessen sei die Sterblichkeit bei den Über-70-Jährigen um 80 Prozent gestiegen.
Die Forschenden vermuten, dass sich diese Entwicklungen fortsetzen, so dass im Jahr 2050 mehr als 65 Prozent der durch Antibiotika-Resistenzen verursachten Tode auf die Über-70-Jährigen entfallen werden. Ältere Menschen sterben laut der Studie häufiger aufgrund von Antibiotika-Resistenzen, weil Interventionen, wie Impfungen, bei ihnen weniger effektiv sind, außerdem haben sie häufiger mit negativen Nebenwirkungen durch die Antibiotika zu kämpfen, vor allem, wenn durch die Zunahme von Resistenzen aggressivere Antibiotika verwendet werden müssen. Ältere Menschen seien auch öfter von Komorbidität betroffen, also dass mehrere Erkrankungen gleichzeitig auftreten.
Die gefährlichsten Bakterien
Am deutlichsten sei laut der Studie die Anzahl der Menschen gestiegen, die in Folge einer Infektion mit Staphylokokken (staphylococcus aureus) verstorben sind. Bei dem Bakterium, das Haut, Blut und innere Organe befällt, habe die Sterblichkeit um 90 Prozent zugenommen: Während 1990 noch 57.000 Menschen an der Infektion gestorben seien, waren es 2021 bereits 130.000 Menschen.
Die tödlichsten Infektionen zwischen 1990 und 2021 seien von einer Gruppe von Bakterien ausgelöst worden, die nach dem Testverfahren, das sie nachweist, gramnegative Bakterien genannt werden. Acinetobacter baumannii, das zu den wichtigsten Krankenhauskeimen gehört, ist eines dieser Bakterien. Bei den gramnegativen Bakterien haben laut der Studie vor allem die Resistenzen gegenüber der Antibiotika-Gruppe der Carbapenemen zugenommen, die eigentlich als Reserveantibiotika gelten und durch seltene Verwendung besonders vor Resistenzen geschützt werden sollen. Todesfälle, die durch Carbapenemen-resistente gramnegative Bakterien ausgelöst wurden, seien zwischen 1990 und 2021 um knapp 150 Prozent angestiegen (von 51.000 auf 127.000 Fälle).
Was kann gegen Antibiotika-Resistenzen getan werden?
Die Regionen mit für das Jahr 2050 höchsten erwarteten Sterberaten durch Antibiotika-Resistenzen sind Südasien, Lateinamerika und die Karibik, so die Studienautorinnen und Studienautoren. Die Forschenden betonen, dass der Kampf gegen Antibiotika-Resistenzen in den einkommensschwachen Ländern beginnen müsse. Dazu sei es besonders wichtig, zu verhindern, dass Infektionen überhaupt auftreten. Als weitere Maßnahmen empfehlen sie, nach Möglichkeit zu impfen, die unnötige Nutzung von Antibiotika in der Landwirtschaft und beim Menschen einzudämmen, die Verfügbarkeit passender Antibiotika zu verbessern und weiter an neuen Antibiotika zu forschen.
Für die Studie haben die Forschenden des Projekts "Global Burden of Disease" Sterblichkeitsdaten, Krankenhausdaten, Arzneimittelverkaufszahlen, Umfragen zur Verwendung von Antibiotika und bereits veröffentlichte Studien aus 204 Ländern im Hinblick auf 24 Krankheitserreger, 84 Kombinationen aus Bakterien und Antibiotika sowie elf Infektionskrankheiten untersucht, darunter beispielsweise Meningitis und Tuberkulose.
cpy