Hammer auf Holztisch im Gerichtssaal mit zwei Männern, die sich die Hände schütteln
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Studie
Absprachen in Prozessen verstoßen oft gegen Gesetze

Forscher haben untersucht, wie juristische Deals zustande kommen. Unzulässige Absprachen sind demnach gängige Praxis.

13.11.2020

Absprachen vor Gerichten, sogenannte Deals, verstoßen nach einer Studie häufig gegen gesetzliche Vorgaben. Von 1.500 Fachleuten gaben in der Untersuchung rund 58 Prozent an, dass allen Beteiligten bereits mit der Verständigung klar sei, welche Strafe am Ende der Verhandlung steht, wie das Tübinger Institut für Kriminologie am Freitag mitteilte. Das ist aber unzulässig: Das genaue Strafmaß darf nicht von vorneherein feststehen.

Im Auftrag des Bundesjustizministeriums hatte ein Forschungsprojekt der Universitäten Tübingen, Düsseldorf und Frankfurt am Main zwei Jahre lang untersucht, wie Verständigungen im deutschen Gerichtsalltag ablaufen. Befragt wurden Strafrichter, Staatsanwälte und Strafverteidiger.

Verständigungen in Strafverfahren – sie sollen vor allem die Arbeitsbelastung der Justiz mindern – unterliegen seit 2009 festen gesetzlichen Regeln: Möglich ist vorab nur die Festlegung eines Korridors, in dem die Strafe liegen soll. Eine solche Übereinkunft muss der Transparenz wegen dokumentiert werden. Geständnisse müssen überprüft werden.

Nicht einmal die Hälfte aller befragten Richter, Staatsanwälte und Strafverteidiger gab an, auf informelle Absprachen vollständig zu verzichten. Das Bundesverfassungsgericht hatte Absprachen in Gerichten 2013 grundsätzlich erlaubt. Informelle Absprachen – an etlichen Gerichten gängige Praxis – seien aber unzulässig. Urteile, die auf diesem Wege zustande gekommen sind, können demnach angefochten werden.

Deals gab es laut Studie vor allem bei Betrugsdelikten (29 Prozent), Wirtschaftsstrafsachen (27 Prozent), Verstößen gegen das Betäubungsmittelgesetz (22 Prozent) und Steuerstrafsachen (20 Prozent). Nach den Angaben der Teilnehmer fanden am Amtsgericht häufiger informelle Absprachen statt als am Landgericht. "Wenn vor allem an Amtsgerichten "gedealt" wird, ist das auch ein Hinweis darauf, dass es an den nötigen personellen Ressourcen fehlt", sagte Jörg Kinzig, Professor am Tübinger Institut für Kriminologie, zum Ergebnis der Studie.

aktualisiert am 13.11.2020 um 13:01 Uhr, zuerst veröffentlicht um 11:53 Uhr

dpa/ckr