Das Bild zeigt eine Blaumeise auf winterlichen Zweigen.
picture alliance / imageBROKER | Anja Uhlemeyer-Wrona

Citizen Science
Bevölkerung wieder zum Vögel-Zählen aufgerufen

Einmal im Jahr nehmen sich Tausende Menschen Zeit für die "Stunde der Wintervögel". Die gewonnenen Erkenntnisse dienen dem Naturschutz.

10.01.2025

Spatz, Meise, Amsel oder Star – welche Vögel sind im Winter hierzulande zu beobachten? Das wollen Naturschutzverbände wissen und bitten dabei die Bevölkerung um Mithilfe. Bei der "Stunde der Wintervögel" können Interessierte von Freitag bis Sonntag (10.–12. Januar) eine Stunde lang die Vögel im Garten, im Park oder vor dem Fenster zählen und melden.

Die Fachleute vom Naturschutzbund Deutschland (Nabu) in Berlin und dem Landesbund für Vogel- und Naturschutz (LBV) in Bayern erhoffen sich dadurch Erkenntnisse über langfristige Veränderungen in der Vogelwelt. Die Mitmachaktion wurde dem LBV zufolge 2006 in München ins Leben gerufen, bundesweit gibt es sie seit 15 Jahren. Im vergangenen Jahr beteiligten sich nach Nabu-Angaben rund 130.000 Menschen. Damit ist sie den Verbänden zufolge nicht nur eine der ältesten Zählaktionen in Europa, sondern auch die größte in Deutschland.

Vögel, Igel, Maulwurf – bitte zählen!

Interessant sei unter anderem, welche nordischen Gäste sich an den Futterstellen zeigten, sagte LBV-Expertin Dr. Angelika Nelson. In manchen Jahren ziehen Arten wie Erlenzeisig oder Bergfink in großen Gruppen nach Deutschland, wenn Schnee und Kälte es ihnen in den nordischen Ländern zu ungemütlich machten. Beobachten lasse sich mitunter auch, dass Zugvögel wie Star und Hausrotschwanz zum Teil im Winter gar nicht mehr in den Süden aufbrechen und stattdessen hierzulande überwinterten. 

Auch andere Mitmach-Projekte wurden mittlerweile ins Leben gerufen. Solche Aktionen mit Beteiligung von Bürgerinnen und Bürgern erlebten einen Boom, berichtet die Deutsche Presseagentur. Oft geht das nahezu im Vorbeigehen: Foto vom Tier und Standort per App übermitteln, fertig.

Ein wichtiges Ziel: Menschen begeistern

Diese große Datenmenge kann ein Schatz für die Wissenschaft sein. In der Biodiversitätsforschung mangele es bis heute an flächendeckenden, wissenschaftlich belastbaren Daten, die die Situation für verschiedene Artengruppen umfassend belegen könnten, erläutert Dr. Sophie Ogan vom Thünen-Institut für Biodiversität in Braunschweig. "Die personellen und finanziellen Ressourcen für eine rein fachlich gestützte Erhebung sind begrenzt, und wir verzeichnen seit Jahren einen Rückgang bei den Artenkennern und Artenkennerinnen."

"Zufallsmeldungen sind natürlich keine systematische Datenerhebung und haben deshalb natürlich auch Schwächen", sagt Dr. Miriam Brandt vom Leibniz-Institut für Zoo- und Wildtierforschung in Berlin. "Wenn zum Beispiel in einem Stadtteil in Berlin weniger Eichhörnchen gemeldet werden, dann weiß ich nicht, ob dort tatsächlich weniger Eichhörnchen leben oder einfach weniger Melder." Man könne aber durchaus Informationen über die Lebensweise oder den Gesundheitszustand der Tiere bekommen. 

Citizen Science hat aber einen noch viel größeren Wert als nur viele Daten zu erfassen, da sind sich die Fachleute einig: Die Projekte können die Menschen auf die Natur um sich herum aufmerksam machen und für deren Schutz begeistern. "Nur was man kennt, will man auch schützen", sagt LBV-Expertin Nelson.

dpa/hes