farbige 3D-Ansicht eines Coronavirus Sars-CoV-2
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Coronavirus
Bezeichnung Deltakron für Mischvarianten nicht eindeutig

Kreuzungen aus den Coronavirus-Varianten Delta und Omikron werden inoffiziell Deltakron genannt. Was hat es damit auf sich?

24.03.2022

So krankmachend wie Delta, so ansteckend wie Omikron – das Schreckgespenst einer solchen Supervariante des Coronavirus geistert schon seit einiger Zeit herum. Der inoffizielle Name Deltakron für solche Corona-Mischvarianten aus Delta und Omikron, die in mehreren Ländern gefunden wurden, ist aus Sicht von Fachleuten aber unglücklich gewählt. Es sei "keine hilfreiche Bezeichnung", sagte der Leiter der Forschungsgruppe Evolution von Viren und Bakterien am Biozentrum der Universität Basel, Professor Richard Neher, auf dpa-Anfrage. Bei dem Begriff sei unklar, welche sogenannte Rekombinanten genau gemeint ist, denn mehrere solcher Mischvarianten seien bestätigt. Zudem schwinge in dem Begriff ein Alarmismus mit, für den es "keinen guten Grund" gebe.

Eine Mischform aus Delta (AY.4) und Omikron (BA.1), die kürzlich erstmals vom französischen Institut Pasteur beschrieben wurde, hat laut Neher das Fachkürzel XD. Es sei bisher die einzige Variante, bei der das Spike-Protein von Omikron "mehr oder weniger perfekt" in ein Delta-Genom eingesetzt ist. Auch andere Rekombinanten hätten dieses Omikron-Schlüsselmerkmal und andere Gene von Delta.

Hauptsächlich sei XD bisher in Frankreich und Dänemark beobachtet worden. Das Robert Koch-Institut spricht für Deutschland von einem bestätigten Fall. Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) beobachtet diese Rekombinante, sieht aber bisher keine Anzeichen einer guten Vermehrung. Die Bezeichnung Deltakron verwendet die WHO ausdrücklich nicht.

Corona-Rekombinanten sind nicht zwangsläufig Horrorvarianten

"Da es mehrere Delta- und Omikron-Subvarianten gibt und theoretisch also eine Vielzahl von Rekombinationen möglich sind, ist der Begriff in der Tat sehr ungenau und eher nur zur Veranschaulichung, aber nicht als sinnvolle Bezeichnung geeignet", sagte die Virologin vom Universitätsklinikum Frankfurt, Professorin Sandra Ciesek. "Insbesondere bei der Verfolgung von Infektionsketten muss immer die gesamte Virussequenz berücksichtigt werden."

"Dass es solche Rekombinanten von Sars-CoV-2 geben wird, war vorherzusehen", sagte der Virologe Professor Friedemann Weber von der Justus-Liebig-Universität Gießen. "Dazu kann es immer dann kommen, wenn zwei Varianten gleichzeitig kursieren: Infiziert sich ein Mensch zum Beispiel mit Delta und Omikron gleichzeitig, kann es in einer doppelt befallenen Wirtszelle zum Austausch von Viruserbgut kommen", erklärte Weber. Das gilt aber als relativ selten.

Neben Mischformen aus Delta und Omikron sind laut Experten auch solche aus den Omikron-Subtypen BA.1 und BA.2 aufgetaucht. "Es wäre falsch anzunehmen, dass solche Rekombinanten zwangsläufig Horrorvarianten sind, die die schlimmsten Eigenschaften der Ursprungsvarianten vereinen", betonte Weber.

dpa/ckr