Strukturbiologie
Biophysiker von Stifterverband ausgezeichnet
Der Direktor des Max-Planck-Instituts für Biochemie ist mit dem Wissenschaftspreis des Stifterverbandes 2019 ausgezeichnet worden. Dr. Wolfgang Baumeister wird damit für seine Pionierarbeit bei der Entschlüsselung biologischer Strukturen auf dem Gebiet der Kryo-Elektronentomographie geehrt. Der mit 50.000 Euro dotierte Preis wurde am Dienstag von der Max-Planck-Gesellschaft gemeinsam mit dem Stifterverband verliehen. Das teilte die Gesellschaft zum Abschluss ihrer Jahresversammlung mit.
Der 72-Jährge verfolgte demnach einen komplett neuen Ansatz dabei, die Architektur großer Proteinkomplexe zu entschlüsseln. Diese aus zahlreichen Untereinheiten aufgebauten Komplexe sind fragil und werden bei isolierter Aufreinigung aus ihrem funktionellen Zusammenhang gerissen. Der studierte Biologe, Chemiker und Physiker habe eine Methode entwickelt, mit der die Proteine dennoch untersucht werden können: die Kryo-Elektronentomographie.
"Wir entwickeln Methoden, um die molekulare Architektur von Zellen sichtbar zu machen", fasst Baumeister seinen Forschungsschwerpunkt zusammen. Ganze Zellen oder Zellorganellen werden blitzartig in flüssigem Stickstoff 'schockgefroren'. Dabei bleibe die fragile Zellarchitektur unverändert, so dass zweidimensionale Bilder aus verschiedenen Blickwinkeln aufgenommen werden könnten, aus denen dann ein dreidimensionales Bild rekonstruiert werde.
Molekulare Strukturen erschließen die biologische Funktion – und mögliche Therapien
Mithilfe der Kryo-Methode können laut Mitteilung größere räumliche Strukturen von Zellen bis hin zu elektronischen Bauelementen analysiert werden – im Kontext intakter Zellen und mit höchster Auflösung. Nach Ansicht der Jury eröffne die Methode ganz neue Möglichkeiten für die Forschung sowie wirtschaftlich hochrelevante Anwendungsfelder, etwa in der Elektronik, der Materialtechnik und der Pharmazie.
"Die vielfältigen Funktionen der molekularen Maschinen erschließen sich nur über deren Struktur", erklärt Baumeister. Er und sein Team konnten so etwa die Struktur eines Gebildes aus 66 Einzelproteinen entschlüsseln, das als eine Art molekularer Schredder funktioniere. Auch pathologische Veränderungen könnten so untersucht werden – beispielsweise toxische Proteinaggregate, die mit neurodegenerativen Krankheiten wie Alzheimer und Parkinson assoziiert seien. Die von Baumeister entwickelte Methode könne so potentiell neue Perspektiven für Therapien liefern.
Baumeister ist seit 1988 Direktor am Max-Planck-Institut für Biochemie, wo er die Abteilung "Molekulare Strukturbiologie" leitet. Bereits zuvor erhielt er für seine Arbeit zahlreiche Auszeichnungen, unter anderem die Ernst-Jung-Medaille für Medizin in Gold, den Louis-Jeanet-Preis, den Harvey-Preis des Technion in Israel sowie den Karl Heinz Beckurts-Preis.
ckr