Ein Krankenpfleger läuft über die Intensivstation am Universitätsklinikum Schleswig-Holstein.
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Corona-Erkrankung
Blutverdünnung kann bei Corona Überlebenszeit verlängern

Ein Hamburger Forscher-Team hat den Krankheitsverlauf von Corona-Infizierten untersucht. Blutverdünnung scheint einen positiven Effekt zu haben.

19.02.2021

Umfangreiche Untersuchungen von Corona-Toten bestätigen nach Angaben des Universitätsklinikums Hamburg-Eppendorf (UKE) die positive Wirkung von Blutverdünnungsmitteln. "Zwar haben unsere Obduktionen der Verstorbenen gezeigt, dass die Covid-19-Erkrankten trotz der Gabe von Blutverdünnungsmitteln noch Blutgerinnsel in den Lungenschlagadern aufweisen konnten", sagte der Leiter des Instituts für Rechtsmedizin, Dr. Benjamin Ondruschka, am Donnerstag. In der statistischen Auswertung hätten sich aber längere Überlebenszeiten seit einer Therapieumstellung gezeigt.

Das Institut untersuchte alle 735 Todesfällen, die im Jahr 2020 in Hamburg in einen Zusammenhang mit Covid-19 gebracht wurden. Bei 618 konnten die Forschenden diese Todesursache bestätigen. Sieben Prozent der Toten – also rund 50 – waren zwar mit dem Virus infiziert, die Infektion war aber nicht die Todesursache. Bei den übrigen knapp 70 Verstorbenen wollten die Angehörigen keine Obduktion oder es fehlten Unterlagen. Das Institut für Rechtsmedizin am UKE untersuchte laut eigenen Angaben nicht nur die Sterbefälle in Krankenhäusern und Pflegeheimen, sondern auch solche, die nach dem Tod zu Hause oder bei einer Leichenschau aus anderen Gründen auffielen, wie der Leiter des Instituts, Benjamin Ondruschka, am Donnerstag erklärte.

Bereits im Mai vergangenen Jahres war bei den Hamburger Obduktionen aufgefallen, dass Covid-19 zu ungewöhnlich vielen Thrombosen und Lungenembolien führt. Daraufhin waren die bundesweit geltenden Behandlungsleitlinien geändert worden. Seitdem wird Ärzten empfohlen, Patienten nach individueller Risikoeinschätzung mit einem Blutverdünnungsmittel zu behandeln.

Der Leiter der Klinik für Intensivmedizin, Professor Stefan Kluge, kündigte für Montag eine neue Leitlinie für die Behandlung von Covid-19-Intensivpatienten in Deutschland an. Die in Zusammenarbeit mit 14 medizinischen Fachgesellschaften entstandenen Empfehlungen rieten weiterhin zur Gabe des Blutverdünners Heparin, allerdings in Maßen. Im Fokus der Leitlinie stehe das Testen. Patientinnen und Patienten sowie Beschäftigte sollen demnach zweimal die Woche auf das Coronavirus getestet werden. Weiterhin werde empfohlen, mit der invasiven Beatmung nicht zu früh zu beginnen.

Das Durchschnittsalter der Hamburger Corona-Toten betrug nach Angaben von Ondruschka 83 Jahre. 75 Prozent der Verstorbenen seien älter als 76 Jahre gewesen. Die Toten im Alter von 29 bis 100 Jahren waren zu 55 Prozent männlich und zu 45 Prozent weiblich. Nur sieben Tote, also nur gut ein Prozent, waren jünger als 50 Jahre. Sie hätten alle eine Vorerkrankung gehabt, etwa ein Herzleiden oder einen Tumor. In sehr wenigen Ausnahmefällen seien Menschen an Covid-19 ohne erkennbare Vorerkrankung gestorben. Laut einer Hypothese hätten diese Patienten möglicherweise eine extrem hohe Viruslast gehabt oder seien im Moment der Infektion sehr vulnerabel gewesen, sagte Ondruschka.

Eine Corona-Impfung schütze vor allem vor schweren Verläufen der Krankheit, betonte Kluge. "Wir haben noch keinen Patienten auf der Intensivstation behandelt, der geimpft war." Er appellierte an die Bürger, sich impfen zu lassen. Die Diskussion um den Impfstoff Astrazeneca irritiere ihn. Die häufigen Nebenwirkungen nach der ersten Dosis seien die völlig erwartbare Reaktion des Körpers und nicht besorgniserregend. "Wir können und sollten sehr, sehr froh sein, dass wir zum jetzigen Zeitpunkt schon drei zugelassene Impfstoffe haben in Deutschland. Und die Diskussion, welcher Impfstoff besser ist, empfinde ich selber als Luxusdiskussion", sagte der Intensivmediziner. Mit Astrazeneca würden auch die Mitarbeiter des UKE geimpft.

aktualisiert: 19.02.2021, zuerst veröffentlicht: 18.02.2021

dpa