Aktenregale mit dem SED-Bestand DY 30 im Bundesarchiv.
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Beschränkter Zugang zu Archiven
Corona bremst Historiker aus

In Museen, Bibliotheken und Archiven recherchieren Forscher unter anderem zu unrechtmäßigem Kulturgut. Corona hat die Arbeit ins Stocken gebracht.

21.04.2021

Die coronabedingten Einschränkungen in den Museen erschweren die sogenannte Provenienzforschung. Die Herkunftsrecherche zu Objekten in den Sammlungen sei "momentan stark behindert", sagt der Dresdner Kunsthistoriker Professor Gilbert Lupfer, Vorstand beim Deutschen Zentrum Kulturgutverluste. Abstandsregeln und Zugangsbeschränkungen in Büros seien eine Herausforderung, im Homeoffice seien nur Datenpflege und Bildbearbeitung möglich. Unverzichtbare externe Archive seien schwerer zugänglich. Die Termin-Warteliste im Bundesarchiv reiche schon bis 2022, weil die Plätze in den Lesesälen coronabedingt reduziert sind. "Das ist ein Problem, da vieles an Akten noch nicht digitalisiert ist."

Das Bewusstsein für die Aufgabe der Provenienzforschung sei bei öffentlichen Institutionen in der Vergangenheit gewachsen, meint Lupfer. Er fürchtet aber, dass die Auswirkungen der Corona-Pandemie den Prozess verlangsamen und die Finanzierung zum Problem werden könnte. Fraglich sei, ob die Provenienzforschung bei knappen Kassen infolge der Pandemie in den Hintergrund rückt. Momentan sei "der beste Wille zur Förderung auch politisch da", sagt der Chef der Forschungsabteilung bei den Staatlichen Kunstsammlungen Dresden.

Die Corona-Pandemie hat tiefgreifende Auswirkungen auf die Forschung und stellt "den gesamten Wissenschaftsbetrieb vor massive Probleme", stellte auch der Verband der Historiker und Historikerinnen Deutschlands im Dezember in allgemeiner Form für die Geschichtswissenschaften fest. "Die durch die Corona-Krise hervorgerufenen Reisebeschränkungen verhindern faktisch seit einem Jahr archiv- und bibliotheksbasierte Recherchen, Feldforschung und nicht zuletzt Möglichkeiten, vor Ort die notwendigen Sprachkenntnisse zu vertiefen und werden sie aller Voraussicht nach auch noch im gesamten laufenden Jahr verhindern", konsternierten im Februar auch vier geschichtswissenschaftliche Fachgesellschaften, die sich mit Osteuropa befassen, in einer gemeinsamen Stellungnahme. 

Archiv- und Recherchereisen seien erheblich eingeschränkt, digitale Alternativen könnten nicht für alle Fragestellungen genutzt werden. "Dies bedeutet de facto, dass für knapp zwei Jahre keine archiv- oder bibliotheksbasierte Forschung stattfinden kann", heißt es in dem Schreiben. Auch sie sorgten sich neben den Folgen für den Forschungsfortschritt um die künftige Finanzierung ihrer Forschung, insbesondere für den wissenschaftlichen Nachwuchs.

dpa/ckr