Gefüllte Flasche mit Probe neben einem Abwasserbecken
picture alliance / ANP / "ROB ENGELAAR"

Pandemie-Monitoring
Corona im Abwasser früh nachweisbar

Schon früh in der Corona-Pandemie kam die Idee auf, das Virus im Abwasser nachzuweisen. Eine Langzeitstudie zeigt, wie gut die Methode funktioniert.

05.08.2021

Mit Abwasseruntersuchungen können Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler frühzeitig den Verlauf der Corona-Pandemie und die Ausbreitung neuer Virusvarianten erkennen. Eine einjährige Studie in München habe gezeigt, dass die im Abwasser nachgewiesene Verbreitung von Sars-CoV-2 gut mit den offiziellen Daten der Sieben-Tage-Inzidenz in den jeweiligen Stadtgebieten übereinstimme, berichten Forschende vom LMU Klinikum München. Die Methode habe den Vorteil, dass die Pandemieentwicklungen schon drei Wochen vor den Meldezahlen der Behörden zu Infizierten, die auf der Analyse von Atemwegsabstrichen basieren, sichtbar gewesen seien.

"Zudem konnten wir die zunehmende Ausbreitung der Virusvariante B.1.1.7 (Alpha) in der Münchner Bevölkerung bereits Anfang Januar 2021 nachweisen, Wochen bevor diese durch die Sequenzierung von Abstrich-Proben von Patienten in München in relevanter Zahl festgestellt werden konnte", erläuterte Studienleiter Dr. Andreas Wieser vom Tropeninstitut des LMU Klinikums. Das Abwasser-Monitoring könne daher tatsächlich gut als Frühwarnsystem dienen. Es wird seit März 2021 gerade für Großräume auch von der Europäischen Kommission empfohlen.

Die Niederlande, Österreich, die Schweiz und Frankreich kontrollieren Medienberichten zufolge bereits flächendeckend ihr Abwassernetz nach Coronaviren. In Deutschland untersuchten einzelne Regionen und Städte wie Berlin, München, Hamburg, Köln, Frankfurt und Leipzig ihr Abwasser. Ein flächendeckendes Abwassermonitoring gebe es hierzulande jedoch noch nicht – auch weil die Finanzierung ungeklärt sei.

Der Wissenschaftliche Dienst des Bundestags kam in einer im Juni erstellten Zusammenfassung des internationalen Forschungsstands zum Abwassermonitoring als Frühwarnsystem in Pandemien ebenfalls zu dem Schluss, dass damit eine Tendenz der Fallzahlen früh erkennbar ist. Es könne Infektionsherde "landesweit früh quantitativ, örtlich differenziert und im zeitlichen Verlauf erfassen". Von besonderer Bedeutung wäre dies laut Bericht, wenn Geimpfte und Genesene keine Schnelltests mehr durchführen müssten, aber nicht ausgeschlossen werden könne, dass sie noch ansteckend sein können.

Die Münchner Studie, die im Fachblatt "Science of The Total Environment" veröffentlicht wurde, ist den Forschenden zufolge eine der ersten und längsten Untersuchungen zur Nachverfolgung der Sars-CoV-2-Viruslast im Abwasser weltweit. Seit April 2020 sammelten die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler wöchentlich Abwasserproben an sechs Standorten im Münchner Stadtgebiet. Im Labor haben sie dann unter anderem das Erbgut sequenziert, um besorgniserregende Varianten zu entdecken.

aktualisiert am 06.08.2021 um 09:34 Uhr, zuerst veröffentlicht am 05.08.2021 um 15:26 Uhr

dpa/ckr