Zwei volle Bücherreihen in einer Bibliothek.
mauritius images / Signumlux
Beliebt

ScienceDirect AI
Elsevier-KI soll Recherchezeit halbieren

Das Verlagsunternehmen Elsevier führt auf ihrer Publikationsplattform "ScienceDirect" ein KI-Tool ein. Es soll die Forschungsarbeit erleichtern.

12.03.2025

Das weltweit agierende Verlagsunternehmen Elsevier stellt heute "ScienceDirect AI" vor. Dieses Recherchewerkzeug nutzt generative Künstliche Intelligenz (KI), um aus 14 Millionen Volltextartikeln und Buchkapiteln auf der Peer-Review-Plattform "ScienceDirect" Informationen zu extrahieren, zusammenzufassen und zu vergleichen, kündigt Elsevier in einer Pressemitteilung vom 12. März an. 

Laut Studien werden im Forschungsbetrieb 25-35 Prozent der Zeit für die Literaturrecherche aufgewendet, heißt es seitens des Verlags. "ScienceDirect AI" beschleunige diesen Prozess. Es liefere dabei entsprechende Referenzen, um die Reproduzierbarkeit und Integrität der Forschung zu gewährleisten. Dazu gehörten Verweise auf genaue Passagen in Artikeln, die es erlaubten, weiter zu recherchieren. "ScienceDirect AI" sei nach Verlagsangaben so konzipiert, dass das Risiko von Halluzinationen und Bias verringert worden sei und Forschende beim Recherchieren transparent nachvollziehen könnten, wie das Tool zu Antworten komme. Zu den weiteren Funktionen gehören laut Verlagsmeldung eine Konversationsfunktion für Fragen zu Inhalten von Dokumenten sowie die tabellarische Aufschlüsselung von Studiendesigns. 

Das Recherche-Tool sei in Zusammenarbeit mit über 30.000 Forschenden sowie Bibliothekarinnen und Bibliothekaren von 70 Universitäten und forschungsintensiven Unternehmen weltweit entwickelt worden. Aus deren Rückmeldungen gehe hervor, dass das Tool dabei helfen könne, Forschung zu verbessern und bis zu 50 Prozent der aufgewendeten Zeit für Literaturrecherche zu sparen.

Künstliche Intelligenz

Künstliche Intelligenz greift zunehmend in das alltägliche Leben ein. Welche Chancen und Risiken birgt dies? Woran arbeitet die KI-Forschung und welche Folgen hat KI in der Lehre? Ausgewählte Artikel zum Thema finden Sie in unserem Themenschwerpunkt "Künstliche Intelligenz".

KI-Einsatz in der Recherche und bei Wissenschaftsverlagen 

"ScienceDirect AI" ist nicht das erste KI-Werkzeug, dass sich spezifisch an die Belange von Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern wendet, die recherchieren und publizieren möchten. Im Blog der Universitätsbibliothek Kassel wird der Einsatz von KI in der Literaturrecherche allgemein erwartungsvoll, aber nicht ohne Einwände betrachtet. Zahlreiche Tools werden in ihrer potenziellen Anwendung bewertet. Unter ihnen "Iris AI", eine KI-Lösung für sogenanntes "Deep Knowledge Management". Das Tool greift auf Open-Access-Publikationen als Datenquelle zurück und seine Entwicklung wurde von der europäischen Union gefördert. 

Einschränkend wird im Universitätsbibliotheks-Blog zu vielen der KI-Werkzeuge angemerkt, "dass nicht alle Recherche-Tools offenlegen, aus welchen Quellen sie ihre Ergebnislisten zusammenstellen. Auch die Herkunft der weiteren wertenden Ergebnisse der KI-Tools ("most relevant papers", "Highly Influential Citations", "key research") kann meist nicht transparent nachvollzogen werden." Zum Sucheinstieg möge das ausreichen, für die tiefere wissenschaftliche Arbeit nicht, so das Fazit. KI-Tools von Wissenschaftsverlagen haben einen enormen Vorteil, was den Zugriff auf forschungsrelevante Daten und valide Quellen angeht. 

Der globale Markt der Wissenschaftspublikationen wächst stetig und wird von den drei größten Anbietern Reed Elsevier, Springer Nature und Wiley dominiert, geht aus einem Gespräch der "FAZ" mit Verlagsmanager Marc Spenlé hervor. Der Einsatz von KI beispielsweise beim Aufdecken von Plagiaten und Betrugsfällen sei Spenlé zufolge inzwischen üblich. Dafür habe Springer Nature eigene KI-gestützte Software entwickelt: Die Software "Gepetto" etwa erkenne mit hoher Wahrscheinlichkeit KI-generierte Texte und Textabschnitte, während "Snapp¬shot" manipulierte Bilddateien entlarve. Mit technischer Hilfe werde außerdem geprüft, ob in einem Aufsatz auf eine wissenschaftliche Quelle verwiesen werde, die wieder zurückgezogen worden sei, führt Spenlé aus. 

Gemeinsam mit der Universität Mannheim habe Springer Nature zudem bereits getestet, wie sich mithilfe von Künstlicher Intelligenz ein Fachbuch oder Fachaufsätze schreiben lassen könnten. "AskAdis", eine KI-gestützte Dialogschnittstelle, die für den Pharmasektor entwickelt wurde, liefert relevante Antworten auf Forschungsfragen, informierte der Springer Nature Verlag 2024 über eine Pressemitteilung. Ein explizites Literatur-Recherche-Tool scheint es bisher allerdings nicht zu geben. Die KI-gestützten Tools der "Nature Research Intelligence" werben damit, "auf Anfrage" maßgeschneiderte Lösungen für individuelle Forschungsbedürfnisse anzubieten, wie beispielsweise "umfassende Deep-Dives und benutzerdefinierte, hochwertige Berichte".

cva