Simulation der Nahansicht des schwarzen Lochs "Gaia BH1"
T. Müller (MPIA)

Astronomie
Erdnächstes Schwarzes Loch entdeckt

Nur halb so weit von der Erde entfernt wie das bisher nächste bekannte: Forschende haben ein Schwarzes Loch entdeckt, das einen Stern umkreist.

04.11.2022

Astronominnen und Astronomen haben das erdnächste bekannte Schwarze Loch gefunden und dazu eine neue Methode verwendet. Mit Daten des ESA-Astronomiesatelliten Gaia konnten sie es aufspüren. Das Schwarze Loch umkreist einen Stern, der unserer Sonne ähnelt: Winzige Positionsverschiebungen jenes Sterns verrieten die Anwesenheit des unsichtbaren Begleitobjekts. Laut der Berechnungen der Forschenden ist das Schwarze Loch weniger als 1.600 Lichtjahre von uns entfernt, etwa halb so weit wie der bisherige Rekordhalter. Die Erkenntnisse des Teams, zu dem auch Forschende des Max-Planck-Instituts für Astronomie (MPIA) gehören, sind zur Veröffentlichung in der Fachpublikation "Monthly Notices of the Royal Astronomical Society" angenommen und liegen als Preprint vor, wie MPIA am Freitag mitteilte.

Die Masse Schwarzer Löcher konzentriert sich in einer Region mit kleinem Durchmesser, aus der wegen der starken Schwerkraft nicht einmal Licht entweichen kann, so dass diese nur schwer nachweisbar sind. Laut Mitteilung gibt es in unserer Milchstraße etwa hundert Millionen stellare Schwarze Löcher, also solche, die aus sehr massereichen Sternen entstehen. Nur ein geringer Teil konnte bislang nachgewiesen werden, beispielsweise durch Gravitationswellendetektoren und Teleskopbeobachtungen. Diese seien den Forschenden zufolge möglich, wenn ein Schwarzes Loch einen Begleitstern so nah umkreist, dass es Wasserstoffgas aus diesem ziehen kann, das sich dann aufheizt und Röntgenstrahlen abgibt, die sichtbar gemacht werden können.

Den Forschenden ist es nun gelungen, ein so genanntes stilles stellares Schwarzes Loch aufzuspüren, das nicht durch Wasserstoffgas sichtbar wird, wie MPIA mitteilte. Dazu haben die Forschenden demnach den im Juni veröffentlichten Gaia-Datensatz 3 genutzt, der Bahndaten von mit Gaia entdeckten Doppelsternsystemen enthält. Durch verschiedene Auswahlkriterien habe das Team sechs Kandidaten aus über 160.000 möglichen ausfindig gemacht. Weitere Prüfungen hätten die Forschenden zu dem Objekt Gaia DR3 4373465352415301632 geführt, das sie "Gaia BH1" (Gaia Black Hole 1) genannt haben. Es handelt sich laut Mitteilung um ein System aus einem unsichtbaren Objekt der Masse von rund zehn Sonnenmassen, das einen Stern umkreist. Wie dieses System entstanden ist, wissen die Forschenden noch nicht, das astronomische Wissen über die Entstehung von Mehrfachsternsystemen sei begrenzt. Aus der nächsten Gaia-Datenveröffentlichung DR4, die nicht vor Ende 2025 erwartet werde, erhoffen sich die Forschenden die Entdeckung von Dutzenden weiteren ähnlichen Systemen.

cpy