Präsident Joe Biden und Vizepräsidentin Kamala Harris mit Vertretern der Nasa bei der Präsentation des ersten offiziellen Bildes des "James Webb"-Teleskops, das im Hintergrund erkennbar ist.
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Astronomie
Erste offizielle Bilder von "Webb"-Teleskop

Die Nasa präsentiert nach Testbildern nun erste offizielle Fotos des "James Webb"-Teleskops. Einen Vorgeschmack hat Präsident Biden selbst gezeigt.

12.07.2022

Gemeinsam mit US-Präsident Joe Biden und dessen Vize Kamala Harris hat die US-Raumfahrtbehörde Nasa die "tiefste und schärfste bislang aufgenommene Infrarot-Sicht auf das Universum" präsentiert. Auf der ersten Aufnahme des vor rund einem halben Jahr gestarteten Weltraumteleskops "James Webb", die am Montag (Ortszeit) im Weißen Haus veröffentlicht wurde, sind Sterne und Galaxien zu sehen. Biden sprach von einem "historischen Tag", Harris von einem "aufregenden neuen Kapital in der Erforschung unseres Universums". Auf dem Bild sei nur "ein kleiner Teil des Universums" zu sehen, sagte Nasa-Chef Bill Nelson. Das erkennbare Licht sei seit 13 Milliarden Jahren unterwegs.

Am Dienstagnachmittag mitteleuropäischer Zeit hat die Nasa weitere von dem Teleskop aufgenommene Bilder veröffentlicht. "Jedes Bild ist eine neue Entdeckung, und jedes gibt der Menschheit einen Einblick in das Universum, den sie noch nie zuvor gehabt hat", sagte Nasa-Chef Bill Nelson bei der feierlichen Präsentation der Bilder. Die Farbbilder seien von Vertretern verschiedener an dem Projekt beteiligter Raumfahrtagenturen ausgewählt worden. Eines der Bilder ist eine Grafik, die illustriert, dass das Teleskop eindeutige Anzeichen von Wasser auf dem außerhalb unseres Sonnensystems gelegenen Gasplaneten "Wasp-96 b" gefunden hat. Es gebe Hinweise auf Wolken und Nebel in der Atmosphäre, teilte die Nasa mit. Diese Beobachtung sei die bislang genaueste ihrer Art und zeige die beispiellose Fähigkeit des Teleskops, Atmosphären zu untersuchen, die Hunderte Lichtjahre entfernt sind.

Eine weiteres Bild enthält Aufnahmen von zwei verschiedenen Infrarot-Kameras, die laut Nasa bislang unbekannte Details des Südlichen Ringnebels (NGC 3132) zeigen, der 2.500 Lichtjahre von uns entfernt ist. Solche planetaren Nebel bestünden aus Gas und Staub, die verlöschende Sterne auswerfen. Bei NGC 3132 beeinflusse das Zusammenspiel von zwei Sternen das Aussehen des Nebels. Das vierte Bild zeigt "Stephan’s Quintet", eine Gruppe von fünf Galaxien. Das Bild sei aus fast 1.000 Einzelaufnahmen zusammengesetzt und stelle die bisher größte Aufnahme des Teleskops dar. Es beinhalte einen Abschnitt des Universums, der von der Erde aus gesehen etwa einem Fünftel der Fläche des Mondes entspreche. Es seien unter anderem funkelnde Cluster aus Millionen junger Sterne und gerade entstehender Sterne zu sehen. Das fünfte veröffentlichte Bild zeigt den sogenannten Carinanebel, eine Art Gaswolke, und den außerhalb unseres Sonnensystems gelegenen Planeten "Wasp-96 b". In dieser relativ jungen Region bildeten sich Sterne.

Die Veröffentlichung der Fotos markiere auch den offiziellen Beginn der wissenschaftlichen Arbeit mit dem bislang größten und leistungsfähigsten Teleskop, das je ins All gebracht wurde, so die Nasa. Eine Art Vorschau hatte die Nasa bereits in der vergangenen Woche präsentiert: den Ausschnitt eines Bildes, auf dem Sterne und Galaxien zu sehen sind, entstanden mit 72 Aufnahmen in einem Zeitraum von 32 Stunden. Es handele sich um "eine der tiefgehendsten Aufnahmen, die je vom Universum gemacht wurden", hieß es. Eigentlich sei es nur ein von einem Sensoren aufgenommenes Testbild, das ursprünglich gar nicht zur Erde geschickt werden sollte – doch zeige es, wozu das Teleskop fähig sein werde. Erste Testbilder hatte das Teleskop bereits vor einigen Monaten zur Erde geschickt, darunter Fotos von einem Stern und ein Selfie.

Die Mission des Teleskops

"James Webb" war am 25. Dezember 2021 ins All gestartet – nachdem es zuvor Kostenexplosionen und immer neue Verschiebungen gegeben hatte. Die Weltraumagenturen der USA, Kanadas und Europas kooperieren bei dem Projekt. Das Teleskop wurde rund 30 Jahre lang entwickelt und kostete schlussendlich etwa 10 Milliarden Dollar (rund 8,8 Milliarden Euro). Es folgt auf das Teleskop "Hubble", das seit mehr als 30 Jahren im Einsatz ist. Während "Hubble" im optischen und ultravioletten Bereich arbeitet, untersucht "James Webb" im infrarotnahen Bereich.

"James Webb" soll rund 1,5 Millionen Kilometer weit ins All fliegen und unter anderem mit Hilfe eines 25 Quadratmeter großen Spiegels neue Bilder aus dem frühen Universums liefern. Wissenschaftler erhoffen sich von den Aufnahmen des Teleskops unter anderem Erkenntnisse über die Zeit nach dem Urknall vor rund 13,8 Milliarden Jahren. Sie hoffen auf Bilder von Sternen, die älter sind als unser Sonnensystem und vielleicht nicht mehr existieren – und möglicherweise sogar auf Hinweise auf eine zweite Erde. Die Lebensdauer von "James Webb" ist dabei erstmal auf zehn Jahre angelegt.

aktualisiert am 12.07.2022 um 23.40 Uhr, zuerst veröffentlicht um 11.49 Uhr

dpa/cpy