Illustration eines Neutrino-Detektors
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Teilchenphysik
Neutrinos in Teilchen-Beschleuniger nachgewiesen

Physikern am Cern ist es erstmals gelungen, Neutrinos mit hoher Energie nachzuweisen. Die Teilchen versprechen Antworten auf grundlegende Fragen.

22.03.2023

Ein internationales Forschungsteam hat erstmals Neutrinos nachgewiesen, die von einem Teilchenbeschleuniger erzeugt wurden. Diese Elementarteilchen gehören zu den am häufigsten vorkommenden Teilchen im Universum, sind aber sehr schwer zu erforschen, da sie selten mit anderer Materie interagieren. Sie werden daher oft als "Geisterteilchen" bezeichnet. An der Studie waren insgesamt 85 Forschende des Cern in Genf und 21 Universitäten weltweit beteiligt, darunter die Universitäten in Bern, Bonn und Mainz.

Die Entdeckung im Teilchenbeschleuniger Large Hadron Collider (LHC) am Cern werde dabei helfen, die Neutrinos besser zu verstehen und unter anderem die Frage zu beantworten, warum es mehr Materie als Antimaterie gibt, teilten an der Entdeckung beteiligte Forschende diese Woche mit. Bereits am Sonntag sei das Ergebnis auf einer Konferenz in Italien bekannt gegeben worden. Für die aktuelle Studie seien 153 Neutrino-Ereignisse in Kollisionsdaten aus dem LHC nachgewiesen worden, die zwischen Juli und November 2022 aufgezeichnet wurden. Es sei der Anfang einer Reihe von Untersuchungen, die noch durchgeführt würden.

Wie Neutrinos erzeugt und nachgewiesen werden

Die meisten bisher von Physikerinnen und Physikern untersuchten Neutrinos waren demnach niederenergetisch. Bislang habe kein Neutrino nachgewiesen werden können, das an einem Teilchenbeschleuniger wie dem LHC erzeugt wurde. Die hochenergetischen Teilchen entstehen dort, wenn zwei Teilchenstrahlen mit extrem hoher Energie aufeinanderprallen. Bislang seien sie aber nicht nachweisbar gewesen, weil sie den großen Detektoren entkamen, ohne Spuren zu hinterlassen.

In dem laufenden Projekt (FASER – das steht für "ForwArd Search ExpeRiment") verwenden die Forschenden nach eigenen Angaben zwei besondere Detektoren: Den "FASER-Detektor", der speziell auf die Suche nach neuen Elementarteilchen wie zum Beispiel Kandidaten für die dunkle Materie ausgerichtet sei, und den Neutrinodetektor "FASERnu", der Teilchenkollisionen untersuche, die im ATLAS-Teilchendetektor des LHC stattfinden.

Die in der aktuellen Studie nachgewiesenen Neutrinos wechselwirkten den Angaben zufolge mit einem sogenannten Emulsionsdetektor mit Wolframplatten und verwandelten sich dabei in andere Elementarteilchen, sogenannte Myonen. Diese wiederum seien dem FASER-Detektor nachgewiesen worden.

Ein zweites, ergänzendes Projekt, das SND(at)LHC-Experiment (Scattering and Neutrino detector), konnte dem Cern zufolge ebenfalls Neutrinos aus Teilchenkollisionen am LHC nachweisen. Es handele sich um acht Myon-Neutrino-Kandidaten-Ereignisse. Mit den beiden Experimenten könnten die Eigenschaften von allen drei verschiedenen Neutrino-Arten – Elektron-, Myon- und Tau-Neutrinos – mit bisher unerreichter Genauigkeit untersucht werden.

aktualisiert am 23.03.2023, zuerst veröffentlicht am 22.03.2023

ckr