Ein aufgeschlagenes Buch
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Rezension
Erzählte Wissenschaftsgeschichte

Zwei grundverschiedene, aber tief verbundene Wissenschaftler erforschen das menschliche Urteilsvermögen. Michel Lewis portraitiert sie.

Von Ina Lohaus Ausgabe 10/17

Zu zweit in einem Zimmer hinter verschlossener Tür ins Gespräch vertieft – das war die bevorzugte Arbeitsweise der beiden israelischen Psychologen Daniel Kahneman und Amos Tversky, die an der Hebräischen Universität in Jerusalem das menschliche Urteilsvermögen erforschten. So tauschten sie sich über neue Ideen aus, entwarfen Experimente und entwickelten Theorien über die Entscheidungsfindung, systematische Denkfehler oder die Fähigkeit, Prognosen zu erstellen.

Der Autor Michael Lewis erzählt von der Forschung und der tiefen Verbundenheit zweier grundverschiedener Wissenschaftler. Kahneman war voller Selbstzweifel und pessimistisch, Tversky dagegen selbstbewusst und optimistisch. Auch wenn sie sich nach ihrem Weggang aus Israel entzweiten, war ihnen der Wille gemeinsam, durch ihre Erkenntnisse bessere Entscheidungen zu ermöglichen. Insbesondere für die Wirtschaftswissenschaften waren ihre Forschungsergebnisse von großer Bedeutung, so dass Kahneman 2002 als Psychologe den Wirtschaftsnobelpreis erhielt. Hier wird ein Stück Wissenschaftsgeschichte lebendig, und der Leser erhält so manchen Einblick in die Funktionsweise des menschlichen Denkens.

Michael Lewis: Aus der Welt. Grenzen der Entscheidung oder Eine Freundschaft, die unser Denken verändert hat. Campus Verlag 2017, 359 Seiten, 24,95 €.