Weltkugel mit Vernetzungslinien
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Pandemie
Forscher dringen auf bessere Überwachung von Corona-Verbreitung

Ein globales Netzwerk könnte die Eindämmung von Corona erleichtern, meinen Forscher. Das Surveillance-System für Influenza sehen sie als Vorbild.

11.01.2021

Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler haben eine bessere Überwachung der Verbreitung des Coronavirus gefordert. Die beiden neuen Varianten des Virus, die zunächst in Großbritannien und Südafrika nachgewiesen worden waren, seien als "Weckruf" zu sehen, wie die "Welt" Dr. Andreas Bergthaler vom CeMM Forschungszentrum für Molekulare Medizin der Österreichischen Akademie der Wissenschaften zitiert.

Die Systeme zur Erkennung der Verbreitung des Virus müssten ausgebaut und global koordiniert werden. "Wir dürfen uns nicht in der falschen Sicherheit wähnen, dass wir mit den Impfstoffen schon am Ende des Marathons angekommen sind", sagte Virologe Bergthaler laut Medienbericht.

Wissenschaftler fordern ein globales Netzwerk von Laboren, dass die Verbreitung von Sars-Cov-2 überwachen soll. Ein Vorbild könnte laut ihrer Einschätzung das internationale Surveillance-System für Influenzaviren sein. Dadurch könne die Weltgemeinschaft schneller und koordiniert gegen die Verbreitung vorgehen, wovon sie derzeit noch weit entfernt sei, wie Professor Richard Neher von der Universität Basel zitiert wird. Der Wissenschaftler leitet dort die Forschungsgruppe Evolution von Viren und Bakterien.

Virus-Verbreitung: Wissenschaft muss aufholen

Im Wettlauf mit dem Virus sei die Wissenschaft immer ein wenig im Hintertreffen, sagt Neher. Durch ein Sars-Netzwerk und eine damit erhoffte schnellere Auswertung der Daten zu Corona könnte dieser Effekt zumindest reduziert werden. Forschende in seinem Umfeld seien sich einig, dass Sars die Welt nicht nur in den kommenden Monaten, sondern auch Jahren weiter beschäftigten werde. 

Gesundheitsminister Jens Spahn steht derweil für die Krisenpolitik in Deutschland in der Kritik. Er soll die Empfehlung von Expertinnen und Experten für eine bessere Überwachung von Virus-Mutationen ignoriert haben, berichtete die "Tagesschau". "Wir sind in Deutschland, was die molekulare Überwachung des Coronavirus angeht, wirklich miserabel", wird der Leiter der Virologie der Universität Freiburg, Professor Hartmut Hengel, zitiert. Proben würden in Deutschland "auf dem Niveau eines Entwicklungslandes" ohne repräsentative Probenerfassung sequenziert. Wäre die neue Mutation in Deutschland ausgebrochen, hätte viel Zeit vergehen können, bis es bemerkt worden wäre, meint der Virologe. Die Gesellschaft für Virologie und die Deutsche Gesellschaft für Hygiene und Mikrobiologie sollen das Gesundheitsministerium bereits im November zu einer besserer Überwachung der Verbreitung von Sars-Cov-2 aufgefordert haben.

Das Gesundheitsministerium hat Medienberichten zufolge am Montag einen Entwurf für eine Verordnung vorgelegt, wonach künftig mehr Virusgenome sequenziert werden sollen. Labore würden damit verpflichtet, in positiven Corona-Tests gezielt nach den hochansteckenden Virus-Mutationen aus Großbritannien oder Südafrika zu suchen. In Deutschland sind bislang nur einzelne Fälle dieser Varianten festgestellt worden. Eine Überwachung der neuen Virusvarianten sei nur möglich, wenn eine ausreichend hohe Zahl von möglichst repräsentativ erhobenen Genom-Sequenzdaten analysiert werde, heißt es laut Berichten in dem Schreiben. Rund 200 Millionen Euro wolle der Bund für die Sequenzierungen bereitstellen.

aktualisiert am 11.01.2021 um 18:32 Uhr, zuerst veröffentlicht am 11.01.2021 um 9:48 Uhr

kas, ckr