Ein Mann hält ein weißes Schild selbstbewusst hoch, eine Frau versteckt sich schüchtern dahinter
mauritius images / Westend61 / Mellenthin Fotoproduktion

Publizieren
Frauen "verkaufen" ihre Forschung zurückhaltender

Männliche Wissenschaftler bezeichnen ihre Forschungsergebnisse häufiger als "ausgezeichnet" als Frauen. Dadurch werden sie häufiger zitiert.

17.12.2019

Männliche Wissenschaftler verwenden in ihren Artikeln viel häufiger als Frauen Wörter wie "ausgezeichnet", "neuartig" und "einzigartig". Die Sprache, die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler wählen, um ihre Entdeckungen zu beschreiben, kann die Aufmerksamkeit von Fachkollegen steigern und nachfolgende Zitierungen fördern. Dies sind Ergebnisse einer Studie, über die die Universität Mannheim berichtete. An dem internationalen Forscherteam waren auch die Harvard Medical School und die Yale University beteiligt.

In der Studie analysierten die Forscherinnen und Forscher mehr als sechs Millionen klinische und biowissenschaftliche Publikationen aus demselben Jahr und derselben Zeitschrift. Dabei stellten sie fest, dass männliche Hauptautoren um bis zu 21 Prozent häufiger positives Framing in Überschriften und Zusammenfassungen verwenden. "Positives Framing" ist laut Mitteilung eine Sprache, welche die Ergebnisse als besonders wichtig einstuft. In der Studie erzielte diese Sprache bis zu 13 Prozent mehr nachfolgende Zitierungen in Fachzeitschriften mit hohem Impact Factor. Am größten war der Unterschied zwischen den Geschlechtern demnach in bedeutenden klinischen Fachzeitschriften.

"Es ist sowohl für Frauen als auch Männer nützlich, sich darüber im Klaren zu sein, dass diese Unterschiede in der Sprachverwendung existieren und dass sie die Wahrnehmung von Forschung beeinflussen können", sagte Studienleiter Marc Lerchenmüller. "Unterschiede, wie Frauen ihre Forschungsleistungen im Vergleich zu Männern präsentieren, könnten zu der anhaltenden Benachteiligung von Wissenschaftlerinnen beitragen", so der Assistenzprofessor an der Universität Mannheim.

Trotz steigender Zahl von Frauen in der Wissenschaft, seien Wissenschaftlerinnen weiterhin unterrepräsentiert – nicht nur an medizinischen und biowissenschaftlichen Fakultäten. Außerdem verdienten Frauen weniger und erhielten weniger Forschungsstipendien und Zitierungen als ihre männlichen Kollegen, heißt es in der Mitteilung. Dies werde von vielen systemischen, sozialen und kulturellen Faktoren beeinflusst, einschließlich bewusster und unbewusster Vorurteile.

Eine theoretische Erklärung für die Studienergebnisse wäre laut Lerchenmüller, dass Männer möglicherweise ihre Forschung stärker "verkauften", weil die Gesellschaft bei ihnen ein solches Verhalten eher akzeptiere. Das Ungleichgewicht zwischen den Geschlechtern auszugleichen, erfordert nach Ansicht der Autoren Ansätze in den verschiedensten Bereichen – einschließlich Bildung, Mentoring und Publizierpraxis.

Die Untersuchung zeigt, dass positive Beschreibungen einen signifikanten Einfluss auf die Wahrnehmung der Leserinnen und Leser haben – wenngleich die publizierten Forschungsergebnisse objektiv nicht dadurch an Wert gewinnt, dass sie als wichtig bezeichnet werden.

ckr