Das Foto zeigt einen Rhesus-Affen in einem Käfig im Institut für biologische Kybernetik Tübingen
dpa

Tierversuche
Hirnforscher geht gegen Strafbefehl vor

Die Tübinger Staatsanwaltschaft hat Strafbefehle wegen Tiermisshandlung erlassen. Die Beschuldigten haben Einspruch eingelegt.

20.02.2018

Wegen Misshandlung von Affen bei Tierversuchen im Max-Planck-Institut für biologische Kybernetik in Tübingen hat das Amtsgericht Strafbefehle gegen drei Männer erlassen. Unter ihnen ist der Forscher Nikos Logothetis, wie die Max-Planck-Gesellschaft am Dienstag bestätigte. Alle Beschuldigten haben nach Angaben des Gerichts Einspruch gegen die Strafbefehle erhoben, mit denen sie zur Zahlung von Geldstrafen aufgefordert wurden. Sollten sie den Einspruch auch nach ihrer Akteneinsicht aufrechterhalten, komme es zu einer Gerichtsverhandlung, sagte der Direktor des Amtsgerichts Rainer Ziegler.

Die Strafbefehle richten sich gegen drei verantwortliche Mitarbeiter des Max-Planck-Instituts - neben dem 67 Jahre alten Bereichsleiter Logothetis auch gegen einen 49 Jahre alten Versuchsleiter und einen 55 Jahre alten stellvertretenden Tierhalter. Sie sollen von 2013 bis 2015 bei drei Affen Versuche zu spät beendet und dadurch den Tieren länger andauernde Leiden zugefügt zu haben. Sie hätten die Tiere festgelegten Kriterien zufolge früher einschläfern müssen. Das Tierschutzgesetz sieht laut Staatsanwaltschaft für Tiermisshandlung durch Unterlassen einen Strafrahmen von einer Geldstrafe bis hin zu drei Jahren Freiheitsstrafe vor.

Logothetis wies die Vorwürfe zurück. "Wir haben unser Bestes getan, um im Rahmen der genehmigten Tierversuche Schmerzen, Leiden und Schäden bei den Tieren so gering wie möglich zu halten", betonte er in einer am Dienstag veröffentlichten Erklärung. Und auch: "Das Einschläfern eines Tieres ist die letzte aller Optionen, wenn Tierschutz ernst genommen werden soll." In den meisten Fällen sei noch eine erfolgreiche Behandlung möglich.

Anzeigen von Tierversuchsgegnern

Die Ermittlungen gehen auf Anzeigen von Tierversuchsgegnern zurück. Ein als Pfleger arbeitender Tierschützer hatte die Affenversuche und die Haltung der Tiere heimlich gefilmt. Die Aufnahmen zeigen Affen mit Gehirn-Implantaten, eines der Tiere hat einen blutverschmierten Kopf, einem anderen läuft Spucke oder Erbrochenes aus dem Mund. Inzwischen wurden an dem Institut die Versuche mit Affen eingestellt - nach Angaben des verantwortlichen Forschers Nikos Logothetis, weil ihm der Rückhalt aus der Wissenschaft fehlte.

"Wir sind hocherfreut, dass es nach so langer Zeit zumindest zu Strafbefehlen kam", sagte der Vorsitzende des Vereins Soko Tierschutz, Friedrich Mülln. "Das zeigt, dass wir richtig lagen mit der Einschätzung, dass die Behandlung der Tiere illegal war."

Für Logothetis hat der Erlass des Strafbefehls offenbar weitreichende Folgen. "Der Verwaltungsrat der Max-Planck-Gesellschaft hat entschieden, dass Professor Logothetis bis zum Abschluss des Verfahrens keine Tierversuche durchführen oder anleiten wird", teilte die Max-Planck-Gesellschaft mit. Der Geschäftsführende Direktor am Institut werde diese Aufgaben kommissarisch übernehmen. Logothetis wollte sich am Dienstag zunächst nicht äußern.

Das Ermittlungsverfahren gegen weitere Beschuldigte wegen des Verdachts des Verstoßes gegen das Tierschutzgesetz wurde laut Staatsanwaltschaft eingestellt. Sie konnten nach Erkenntnis der Staatsanwaltschaft nicht über den Abbruch von Versuchen entscheiden.

aktualisiert am 21.02.2018

dpa