Fernseher
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Studie
Hoher TV-Konsum schadet verbalem Gedächtnis

Mehr als 3,5 Stunden Fernsehen täglich führen zum Abbau der Gedächtnisleistung. Zu diesem Schluss kommt eine britische Studie.

12.04.2019

Einer Studie des University College London zufolge gibt es einen direkten Zusammenhang zwischen der Dauer des täglichen Fernsehkonsums und dem Abbau des verbalen Gedächtnisses. Dieses sei wichtig, um sprachliche Botschaften zu erfassen und sie zu verarbeiten. Der Effekt sei dabei "dosisabhängig": Je mehr TV ein Studienteilnehmer schaue, desto mehr habe das verbale Gedächtnis im Vergleich zum Ausgangswert abgebaut. Die kritische Schwelle seien 3,5 Stunden Fernsehkonsum pro Tag. Ein geringerer Konsum wirke sich dagegen nicht auf das Gedächtnis aus. Im Durchschnitt schauen die Deutschen über drei Stunden am Tag fern.

Das Ergebnis sei unabhängig von demografischen Größen wie Geschlecht, Alter, Beziehungsstatus, sozialem Stand und Berufstätigkeit, heißt es in der Studie. Auch gesundheitliche Vorbelastungen und der Einfluss von Bewegungsmangel seien herausgerechnet worden. Die 3.590 Studienteilnehmer waren zu Beginn der Studie 50 Jahre oder älter und wiesen keine Demenz auf. Sechs Jahre nach Beginn der Studie wurden sie auf ihre kognitiven Fähigkeiten hin untersucht und zu ihren Fernsehzeiten befragt.

Der Abbau des verbalen Gedächtnisses durch hohen TV-Konsum könne dabei nicht allein mit Bewegungsmangel erklärt werden, heißt es in einer Mitteilung der Deutschen Gesellschaft für Neurologie (DGN) zur Londoner Studie. Denn andere sitzenden Freizeitbeschäftigungen gingen früheren Studien zufolge nicht mit einem kognitiven Abbau einher, etwa im Internet surfen. Forscher hatten dies mit der Reizüberflutung beim Fernsehen begründet: Eine hohe Stimulanz und ein schneller Wechsel von Sinneswahrnehmungen (Sehen und Hören) wirke auf vorwiegend passive Zuschauer ein.

Verbales Gedächtnis wichtig für Orientierung im Alltag

Interessanterweise sei durch den TV-Konsum aber nur das verbale Gedächtnis betroffen, nicht jedoch die Wortflüssigkeit, die zum Beispiel bei Alzheimerpatienten ebenfalls stark reduziert sei. Menschen mit eingeschränktem verbalem Gedächtnis sind nicht in der Lage, mündliche Informationen adäquat zu verarbeiten.

Würde ihnen beispielsweise gesagt "biege rechts ab!", seien sie nicht in der Lage, das Gesagte zu verstehen und umzusetzen, so die DGN. Sie bögen dann falsch ab oder führen weiter geradeaus. Mit einer Wegbeschreibung als Skizze wäre die Information dagegen wahrscheinlich bei ihnen angekommen. Das gelte ebenso für Durchsagen am Bahnhof und mündlich ausgesprochene Einladungen von Freunden. In der modernen Welt seien Betroffene daher schnell orientierungslos.

Aus der britischen Studie, die Daten des britischen Langzeitprojekts "English Longitudinal Study of Ageing" (ELSA) ausgewertet hat, gehe auch hervor, welche Personengruppen mit erhöhtem Fernsehkonsum verbunden sind. Demnach schauten vorwiegend alleinlebende Personen und Menschen, die nicht mehr im Berufsleben stehen, überdurchschnittlich viel TV. Auch bei Frauen und Personen mit geringem Bildungsgrad oder geringem sozialen Status gebe es eine solche Korrelation. Gerade ältere Menschen sollten von zu viel Fernsehschauen absehen, um lange geistig fit zu bleiben, rät Berlit.

ckr