Junge mit Doktorhut
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Lernerfolg
Je schlauer der Lehrer, desto besser die Schüler

Eine Studie hat kognitive Fähigkeiten von Lehrern und Schülern verglichen. Die Quintessenz: Die Welt braucht gut bezahlte Lehrer auf Finnenniveau.

20.06.2018

Die kognitiven Kompetenzen von Lehrerinnen und Lehrern hängen eng mit internationalen Unterschieden von Schülerleistungen zusammen. Zu diesem Ergebnis kommt ein Forscherteam um Professor Dr. Simon Wiederhold, Inhaber des Lehrstuhls für Volkswirtschaftslehre an der Katholischen Universität Eichstätt-Ingolstadt.

Für ihre Studie haben die Wissenschaftler für 31 Länder Ergebnisse des internationalen Kompetenz-Tests von Erwachsenen PIAAC mit nationalen PISA-Schülerleistungen verglichen. Dabei zeigten sich deutliche Zusammenhänge.

Anhand einer Regressionsanalyse haben die Wissenschaftler untersucht, wie sich die Schülerleistung in einzelnen Ländern verändern würde, wenn die Lehrkräfte überall das Niveau ihrer Kollegen in Finnland hätten. Finnische Lehrkräfte schneiden international am besten ab. Ihre Schülerinnen und Schüler liegen in den PISA-Tests ebenfalls mit an der Spitze; allerdings im Lesen knapp und im Rechnen teils deutlich hinter Japan, Korea und Singapur.

Für ihre Analyse der veränderten Schülerleistung haben die Forscher neben dem nationalen Lehrniveau auch den Bildungsgrad der Eltern oder die Ausgaben eines Landes für Bildung berücksichtigt und konstant gehalten. Verändert wurde nur die Leistung der Lehrer.

Finnische Lehrkräfte: Auch deutsche Schüler würden profitieren

Der größte Unterschied zeigte sich bei Chile – dem Land, in dem sich die Leistungen der Lehrerinnen und Lehrer am stärksten von Finnland unterscheiden. Chilenische Lehrer erreichten in den PIAAC-Tests im Rechnen 55 Punkte weniger als Finnen, im Lesen waren es 59 Punkte. Unter den untersuchten Ländern landet Chile damit auf dem letzten Platz.

Die Leistungen der Schülerinnen und Schüler könnten sich laut den Berechnungen der Forscher um rund 54 Punkte im Rechnen und knapp 38 Punkte im Lesen verbessern, wenn Lehrkräfte auf finnischem Niveau am Werk wären. Schüler würden im Rechnen auf das Niveau von Litauen (Platz 26) und im Lesen auf das von Slowenien (Platz 23) kommen.

Ebenfalls viel bewirken könnte man in Israel und Russland. Hier könnten sich die Leistungen der Schülerinnen und Schüler im Schnitt um knapp 37 und 35 Punkte verbessern, so das Ergebnis der VWL-Wissenschaftler. Auch bei diesem Beispiel ist die Verbesserung beim Rechnen laut ihrer Studie deutlich stärker als beim Lesen.

"In vielen Studien zeigt sich, dass Lehrer beim Rechnen einen größeren Einfluss auf die Leistung ihrer Schüler haben als beim Lesen", erklärt Wiederhold das Ergebnis. "Das liegt vermutlich daran, dass sich das Rechnen viel stärker auf den 'Raum Schule' konzentriert. Gelesen wir dagegen regelmäßig auch in der Freizeit." Hier hätten daher das Elternhaus und die eigene Freizeitgestaltung einen stärkeren Einfluss auf die Entwicklung der Kinder.

Die Leistung deutscher Schülerinnen und Schüler könnte sich mit Lehrkräften auf dem Niveau der Finnen nach den Berechnungen um knapp neun Punkte im Rechnen und rund 13 Punkte im Lesen verbessern. Das entspräche einem Aufrücken von Platz 9 auf die Plätze 6, auf denen in den untersuchten Studien Kanada und Neuseeland liegen.

Die Verbesserung sei in Mathematik insgesamt geringer, weil deutsche Lehrer schon recht nah an ihre finnischen Kolleginnen und Kollegen herankämen. Dass die Verbesserung in Deutschland beim Lesen größer wäre, begründet Wiederhold damit, dass sich die deutschen Lehrkräfte im Rechnen nicht so stark von den Finnen unterscheiden wie im Lesen.

"Würde es allen untersuchten Länder gelingen, ihre Lehrer auf das Kompetenzniveau der finnischen Lehrer zu bringen, würden sich die internationalen Unterschiede in den Schülerleistungen um rund ein Viertel verringern", fasst Wiederhold die Ergebnisse zusammen.

Hochqualifizierte Frauen entscheiden sich gegen den Lehrerjob

In ihrer Untersuchung erkannten die Forscher noch zwei weitere Zusammenhänge, die wichtige Hinweise auf Schwächen der nationalen Bildungspolitik liefern: In Ländern, in denen Frauen außerhalb des Schulsektors gute Berufsperspektiven in hochqualifizierten Arbeitsfeldern haben, zeigt sich ein durchschnittlich geringeres kognitives Niveau bei den Lehrkräften. Die Wissenschaftler halten dies für ein Zeichen, dass sich gut qualifizierte Frauen für andere Berufe als das Lehramt entscheiden.

Hier gilt es also für Länder wie Deutschland nach den Ergebnissen der Studie dafür zu sorgen, den Job als Lehrerin möglichst attraktiv zu gestalten, damit das Bildungsniveau der Schülerinnen und Schüler nicht sinkt.

Scheinbar scheint das auch über finanzielle Anreize zu funktionieren: Die Wissenschaftler erkannten einen unmittelbaren Zusammenhang zwischen Lehrerkompetenz und Verdienst relativ zum Verdienst anderer Hochschulabsolventen: Je besser Lehrkräfte bezahlt würden, desto eher ließen sich Personen mit hohen kognitiven Kompetenzen für den Lehrerberuf gewinnen.

kas