

Internationale Studie
KI macht Forschende kreativ und China ist damit am erfolgreichsten
Die meisten Forschungsbereiche profitieren durch vermehrte wissenschaftliche Kreativität und neue Ideen davon, wenn Forschende Werkzeuge auf Basis Künstlicher Intelligenz (KI) nutzen. Allerdings unterscheiden sich die Auswirkungen je nach Fachgebiet. Zu diesem Schluss kommt die aktuelle Studie "Künstliche Intelligenz in der Wissenschaft: Versprechen oder Gefahr für die Kreativität?", welche im Auftrag der EU-Kommission durchgeführt wurde. Basis der Feststellungen sind Untersuchungen von rund drei Millionen Publikationen aus 80 wissenschaftlichen Bereichen, die im Zeitraum zwischen 2000 und 2022 entstanden sind.
"Kreativität wird definiert als eine Mischung aus Neuartigkeit und Einfluss wissenschaftlicher Ergebnisse", heißt es in den Erläuterungen der Studie. Das transformative Potenzial sei in "groben" Wissensräumen – die interdisziplinär, wenig standardisiert, schnell wachsend und komplex sind – größer. Die Studie argumentiert, dass KI in diesen Bereichen Komplexität meistern, versteckte Muster erkennen oder Verbindungen zwischen weit entfernten Wissenselementen herstellen könne. Die Verwendung von KI erhöhe so beispielsweise die Wahrscheinlichkeit, neue Wörter, Phrasen und Kombinationen einzuführen. Dies sei ein wichtiges Signal konzeptueller Neuheit. "KI-Publikationen erhalten im Durchschnitt drei Prozent mehr Zitationen als Nicht-KI-Publikationen", fasst das Forschungsteam den wissenschaftlichen Einfluss von KI-Einsatz zusammen.
Eine zusätzliche Beobachtung sei es gewesen, dass einige Fachgebiete durch den Einsatz von KI-Werkzeugen wenig bis gar keine Verbesserungen und einige wenige negative Auswirkungen verzeichnen würden. KI werde beispielsweise in praxisnahen Disziplinen eher zur Optimierung bestehender Prozesse und zur Effizienzsteigerung genutzt, statt mit ihr neue Forschungsansätze zu eröffnen. In standardisierten Forschungsfeldern, in denen Wissen bereits eng miteinander verknüpft ist, könne der KI-Einsatz zum negativen Resultat führen, dass Forschende in gewohnten Denkbahnen verbleiben.
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Chinas Spitzenposition in der KI-gestützten Wissenschaft
Darüber hinaus kommt die Analyse zu dem Ergebnis, dass China sowohl die EU, als auch die USA in der Nutzung von KI in der Forschung seit 2016 überholt hat – sowohl in Bezug auf die Anzahl der Veröffentlichungen als auch auf deren Innovationskraft und wissenschaftlichen Einfluss. "Chinesische Publikationen mit KI-Anwendung erhielten einen deutlich größeren Schub bei Neuartigkeit und Zitierhäufigkeit als vergleichbare Arbeiten aus der EU oder den USA", fasst die Studie die Entwicklung zusammen.
Auch wenn man nur die am häufigsten zitierten Publikationen betrachte, führe China. Zur Begründung für den Aufstieg Chinas wird angeführt, dieser sei "vor allem auf umfangreiche staatliche Investitionen in KI-Forschung und den Aufbau von großangelegten KI-Infrastrukturen zurückzuführen, die darauf abzielen, den technologischen Fortschritt zu beschleunigen". Beispielhaft wird Chinas "New Generation AI Development Plan" für die Jahre 2015 bis 2030 als nationale Strategie zur weltweiten Führungsrolle in der KI aufgeführt.
Die Ergebnisse sprechen laut resümierender Anmerkungen des Forschungsteams für eine dringende Beschleunigung der KI-Nutzung in Europa, um die wissenschaftliche Wettbewerbsfähigkeit zu sichern. Empfehlenswert seien eine verstärkte Finanzierung, verbesserte Infrastruktur und mehr Schulungen, um den Einsatz von KI in der Forschung zu beschleunigen. Allerdings würden systematische Beweise dafür, welche Maßnahmen die Fortentwicklung am besten vorantreibe, noch fehlen.
Risiken der Verwendung von KI in der Forschung
Da KI-Modelle auf Mustern aus der Vergangenheit basierten, bestehe das Risiko eines Paradigmen-Lock-ins, so dass neue wissenschaftliche Richtungen unterdrückt würden, geben die Forschenden zu Bedenken. Zudem könne es zum Verlust von zufälligen Entdeckungen kommen, da maschinell funktionierende KI-Tools zumindest bisher keine Intuition für das Unerwartete hätten, so dass die Rolle des Zufalls in wissenschaftlichen Durchbrüchen geschwächt werden könnte. Hinzu komme, dass KI die Illusion erzeugen könne, dass man die volle Bandbreite testbarer Hypothesen untersucht, obwohl man in Wirklichkeit auf einen engeren Ausschnitt beschränkt bleibe.
cva