Eisberg in der Antarktis
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Klimawandel
Kippelemente können zu Klima-Domino führen

Ab einer bestimmten Erdtemperatur ist das Schmelzen von Eisschilden nicht mehr aufzuhalten. Das verstärkt andere klimawirksame Entwicklungen.

04.06.2021

Einige klimawirksame Elemente im Ökosystem der Erde können ihre Funktionsweise ab einer bestimmten Erdtemperatur unumkehrbar verändern. Diese sogenannten Kippelemente können sich gegenseitig destabilisieren, wenn die globale Erwärmung weiter voranschreitet. Ihre Wechselwirkungen können die Temperaturschwellen einzelner Kippelemente senken. Das birgt das Risiko, dass es zu Dominoeffekten im Klimawandel kommt. Dies geht aus einer neuartigen Netzwerkanalyse hervor, über die das Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung (PIK) berichtete. Mögliche Ausgangspunkte für solche Kippkaskaden sind demnach die Eisschilde auf Grönland und der Westantarktis. Wenn ihr Kipppunkt überschritten werde, könnte das über die Atlantikzirkulation auch entfernte klimawirksame Elemente wie den Amazonas-Regenwald beeinträchtigen.

Die Forschenden betrachteten in der Risikoanalyse vier Kippelemente und simulierten deren Entwicklung mit der Erderwärmung: Die Eisschilde auf Grönland und in der Westantarktis, den Amazonas-Regenwald und das Golfstrom-System (Atlantische Umwälzzirkulation, AMOC). Diese würden sich gegenseitig beeinflussen und könnten langfristig ihre kritischen Temperaturschwellen senken oder auch heben. Umso stärker sich die Erde erwärme, umso wahrscheinlicher würden Dominoeffekte, schließt die Studie. "Alles in allem könnte dies bedeuten, dass wir weniger Zeit haben, um unseren Ausstoß von Treibhausgasen zu verringern und Kipp-Prozesse noch zu verhindern", erläutert Studien-Co-Autorin Professorin Ricarda Winkelmann.

Die Forschenden betonen, dass ihre Analyse keine Vorhersage sei, aber die errechneten Risiken ernst zu nehmen seien. Wegen des enormen Rechenaufwands hätten sie keine Berechnungen mit allen Kippelementen und ihren Folgen für die Gesamtstabilität des Klimas erstellt. Nicht berücksichtig haben sie in ihrer neuartigen Studie beispielsweise Kippelemente wie die tauenden Permafrostböden und die Bindung von Treibhausgasen in Meeren. Dadurch verbleiben Unsicherheiten in den Analysen. Um darauf zu setzen, dass diese bei umfassenderer Analyse zu anderen Schlüssen führten, stehe jedoch zu viel auf dem Spiel, meint Winkelmann.

ckr