Ein Mitglied des AWI-Forschungsteam bei der Messung der Tiefe des nichtgefrorenen Permafrosts unter einem Tümpel in Sibirien.
Alfred-Wegener-Institut / Paolo Verzone

Internationale Forschungskooperationen
Klimaforschung von Sanktionen gegen Russland betroffen

In der Wissenschaft haben deutsche Einrichtungen ihre Kooperationen mit Russland stillgelegt. Auch Klimabeobachtungen müssen pausieren.

22.03.2022

Die Russland-Sanktionen infolge des Angriffskriegs auf die Ukraine treffen die Klimaforschung hart. "Wir müssen leider die Beobachtungsreihen aussetzen", sagte die Direktorin des Bremerhavener Alfred-Wegener-Instituts, Professorin Antje Boetius, der Nachrichtenagentur dpa. Klima- und Umweltdaten seien kritisch für die gesamte Menschheit, für sie sei eine internationale Zusammenarbeit wichtig.

"Gerade die sibirische Arktis mit ihren Hitzewellen im Sommer ist die Region, wo wir hinschauen müssen", betonte sie. Im Permafrost in Sibirien wollen Forschende in Langzeitmessungen herausfinden, wie schnell der Boden auftaut. "Dort müssten jetzt eigentlich Geräte ausgetauscht werden. Das ist gestoppt." Boetius selbst wollte in einigen Wochen nach Nowosibirsk reisen, auch das ist abgesagt.

Nicht alle Zusammenarbeit wurde pausiert

Doch nicht alles wurde gestrichen: Im Austausch mit dem Bundesforschungsministerium und dem Auswärtigen Amt seien Regeln zur weiteren Zusammenarbeit mit der russischen Seite getroffen worden, sagte Boetius. Entlang dieser Regelungen dürften einzelne Projekte fortgesetzt werden. Auch Publikationen unter russischer Beteiligung können veröffentlicht werden.

"Ein Verbot des gemeinsamen Denkens auf Basis einer nationalen Zugehörigkeit kennt die Wissenschaft nicht", betonte Boetius und stellte klar: "Der Boykott richtet sich gegen das Regime und seine Institutionen, nicht gegen die Zivilgesellschaft und damit auch nicht gegen russische Forschende."

So sei etwa Jahrzehnte darum gerungen worden, gemeinsam mit Vertretern indigener Völker russischer Nationalität Forschung in der Arktis auf Augenhöhe zu betreiben. Gerade erst war ein solches Projekt gestartet worden. "Wissenschaft hat auch den Auftrag, Brücken zu bauen", unterstreicht Boetius. Zu einigen russischen Kolleginnen und Kollegen bestehe zudem der Kontakt seit Jahrzehnten, auf gemeinsamen Expeditionen seien auch Freundschaften entstanden.

Diskutiert werde unter Wissenschaftlern, ob nicht eine klare Haltung von russischen Forschenden eingefordert werden sollte. "Ich bin da vorsichtig, auch wegen unserer Geschichte", stellt Boetius klar. "Wo Menschen erhebliche Repressalien drohen, wenn sie sich gegen ihre Regierung stellen, ist es schwierig, von Einzelnen zu verlangen, sich zu positionieren."

dpa/cpy