Claudia Hortscht, Leiterin der Intensivstation am Klinikum Leer, bereitet ein Intensivbett für einen Coronapatienten vor.
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Pandemieverlauf
Klinikauslastung bleibt an Inzidenz gekoppelt

Viele stellen angesichts steigender Impfquoten die 7-Tage-Inzidenz als wichtigen Anhaltspunkt in der Corona-Pandemie in Frage. Experten widersprechen.

10.08.2021

Die Corona-Inzidenz wird laut Modellierungen trotz der Impfungen auch im Herbst und Winter ein wichtiger Wert zur Einschätzung der anstehenden Belegung von Intensivbetten bleiben. Die Beziehung zwischen den beiden Entwicklungen sei in Deutschland auch in den kommenden Monaten eng und linear, schreiben die Mediziner Christian Karagiannidis (Köln) und Steffen Weber-Carstens (Charité Berlin) sowie der Physiker Andreas Schuppert (RHTW Aachen) in einer aktuellen Analyse. Karagiannidis und Weber-Carstens sind medizinisch-wissenschaftliche Leiter des Divi-Intensivregisters.

Der Faktor für dieses Verhältnis sei allerdings höher als in vergangenen Wellen, so dass vergleichbare Intensivbettenbelegungen erst bei höherer Inzidenz erreicht würden, erläutern die Experten im Fachmagazin "Medizinische Klinik – Intensivmedizin und Notfallmedizin". Ab 200 Neuinfektionen pro 100.000 Einwohner binnen einer Woche sei wieder "eine erhebliche Belastung der Intensivstationen" mit mehr als 3.000 Intensiv-Patienten zeitgleich zu erwarten, sofern die Impfquote nicht noch deutlich gesteigert werde. Mit der Delta-Variante werde erwartet, dass insbesondere vermehrt ungeimpfte Menschen ab einem Alter von 35 auf den Intensivstationen zu behandeln sind.

Die Impfquote bei den Menschen über 35 sei für die Intensivmedizin von entscheidender Bedeutung, hieß es. Die Autoren machen deutlich, dass eine Steigerung der Impfquote um wenige Prozentpunkte die befürchtete Belegung der Intensivbetten deutlich verringern könnte. Bemühungen, die Akzeptanz dafür zu steigern, sollten daher aus Sicht der Wissenschaftler forciert werden.

Die Autoren stützen ihre Aussagen auf verschiedene Szenarien, "die im Herbst/Winter 2021 realistisch eintreten könnten". Diese wurden mittels mathematischer Modelle simuliert. Dafür treffen Fachleute bestimmte Annahmen. Eine Prognose sei wegen der nicht verlässlich vorhersehbaren Entwicklung der Inzidenzen je nach Impfquoten und Maßnahmen-Umsetzung derzeit nicht möglich, hieß es.

Laut Divi-Intensivregister hatte es in der zweiten Welle Anfang dieses Jahres mit über 5.700 Patienten gleichzeitig die höchste Belastung der Intensivstationen gegeben. In der dritten Welle waren es mehr als 5.000 Covid-19-Patienten zeitgleich, in der ersten Welle im Frühjahr 2020 rund 3.000. Aktuell sind es demnach rund 440.

dpa