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Medizin
Klinische Studien stärken, Patienten mehr beteiligen

Aus Sicht des Wissenschaftsrates können klinische Studien noch mehr leisten als bisher. Eine Stärkung sei erforderlich, auch zum Wohle der Patienten.

22.10.2018

Der Wissenschaftsrat hat gefordert, klinische Studien, die Fragen aus der Krankenversorgung behandeln und zunächst nicht kommerziell orientiert sind, zu stärken. Dazu empfiehlt er Förderangebote, die solche Studien von acht bis zehn Jahren Dauer und Kosten im Umfang von fünf bis zehn Millionen Euro pro Studie ermöglichen. Die Förderung sollte auf Basis eines "transparenten und wissenschaftsgeleiteten Wettbewerbs" erfolgen.

Aus Sicht des Wissenschaftsrates wird das Potenzial klinischer Studien in Deutschland nicht ausgeschöpft. Mit Hilfe klinischer Studien würden neueste Erkenntnisse der medizinischen Forschung in die Krankenversorgung übertragen. Damit hätten klinische Studien eine "immense Bedeutung": für die Ärztin und den Arzt, die in ihrer Praxis täglich fundierte Entscheidungen treffen müssten, und für die Patientin und den Patienten, für die klinische Studien den Zugang zu innovativen Therapien ermöglichten. Die gesamt-gesellschaftliche wie volkswirtschaftliche Bedeutung klinischer Studien sei ebenfalls nicht zu unterschätzen: Sie könnten Effizienz und Effektivität der Gesundheitsversorgung wesentlich steigern. 

Der Wissenschaftsrat empfiehlt deshalb, dass mittel- bis langfristig die Krankenkassen stärker und einfacher als bislang in die Finanzierung solcher "klar praxis- und versorgungsbezogener" klinischer Studien einsteigen sollten – auch wenn dies eine weitreichende Änderung des Rechtsrahmens erfordere.

Mindestens ebenso wichtig sind nach Ansicht des Rates gute infrastrukturelle Rahmenbedingungen: Alle Universitäten, die klinische Studien durchführten, müssten Zugang zu einer "Basisinfrastruktur" (Clinical Trial Units, CTUs) haben, die klinische Studien vor allem mit Beratungsleistungen, administrativer Begleitung und der kontinuierlichen Bereitstellung professionellen Personals und grundlegender klinischer Infrastrukturen unterstütze. Daneben müssten einige universitätsmedizinische Standorte spezialisierte Infrastrukturen aufbauen (Specialized Clinical Trial Units, SCTUs), um im Rahmen eines größeren Translationskonzepts ein spezifisches Profil in klinischen Studien auszuprägen. Diese SCTUs sollen es ihnen unter anderem ermöglichen, attraktive Rahmenbedingungen wie Karriereoptionen für wissenschaftliches Personal anzubieten.  

Wissenschaftsrat und DFG sehen "akuten Handlungsbedarf"

Der Wissenschaftsrat empfiehlt auch, Patientinnen und Patienten in die Entwicklung und Konzeption klinischer Studien systematisch einzubeziehen, um Diagnose, Therapie und Prävention besser als bislang am Patientenwohl zu orientieren. Zudem werden Empfehlungen zur Professionalisierung und Intensivierung der Zusammenarbeit von Universitätsmedizin und Industrie gegeben.

Die Empfehlungen des Wissenschaftsrates werden ergänzt durch Empfehlungen der DFG-Senatskommission für Grundsatzfragen in der Klinischen Forschung (SGKF). Beide Organisationen haben eine "Gemeinsame Erklärung zu Klinischen Studien" verfasst, die beiden Papieren vorangestellt ist. Dieses Vorgehen unterstreiche die "große Bedeutung des Themas und den akuten Handlungsbedarf", den beide Gremien übereinstimmend sehen, betonte der Wissenschaftsrat.

gri