Illustration Eingriff in DNA
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Gentechnik
Kommission hält Moratorium bei Genschere für nicht durchsetzbar

Mit Crispr können Forscher das Erbgut von Lebewesen verändern. Die Bioethik-Kommission in Rheinland-Pfalz hält den Einsatz in Keimbahnen für denkbar.

06.10.2020

Die rheinland-pfälzische Bioethik-Kommission hält das vom Deutschen Ethikrat empfohlene internationale Moratorium zu klinischen Anwendungen von Keimbahneingriffen "weder für zielführend noch für durchsetzbar". Das teilte Justizminister Herbert Mertin (FDP) am Dienstag bei der Vorstellung des 62-seitigen Abschlussberichts der Kommission zu der sogenannten Genschere Crispr/Cas mit. Mit diesem Instrument kann das Erbgut fast jedes Lebewesens, einschließlich des Menschen, verändert werden.

Der Deutsche Ethikrat hatte im vergangenen Jahr eine Stellungnahme zu Keimbahneingriffen veröffentlicht – also Eingriffen in das Erbgut von Nachkommen, die ihrerseits an die Nachkommen weitergegeben werden. Darin hieß es, solche Verfahren seien derzeit aufgrund der Risiken unzulässig, ethisch aber nicht grundsätzlich auszuschließen.

Mertin sagte, Deutschland müsse sich Gedanken machen, wie das Thema der klinischen Anwendungen von Keimbahneingriffen gesetzlich geregelt werden könne. Der internationale Entwicklungsdruck lasse es nicht zu, dass der bundesdeutsche Gesetzgeber weiter darauf warte, nationale Antworten auf die Fragen zu finden.

Chancen fördern, sofern Folgen absehbar sind

Auch wenn zum gegenwärtigen Stand der Forschung ein Keimbahneingriff noch nicht vertretbar sei, könnten nach Auffassung der Kommission Fälle denkbar sein, in denen schweres menschliches Leiden durch eine entsprechende Therapie vermieden werden könne, ohne dass unvertretbare Risiken zu befürchten wären, erklärte der Minister. Die Wahrnehmung der darin liegenden Chancen solle eher gefördert als verhindert werden. Hierbei sei vorauszusetzen, dass schwere Neben- und Negativfolgen ausgeschlossen werden können.

Die Kommission unter Vorsitz Mertins beschäftigte sich rund drei Jahre mit dem Thema aus ethischer, sozialer, rechtlicher und wirtschaftlicher Perspektive. Dem Gremium gehören rund 20 Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern aus Ethik, Theologie, Medizin, Natur- und Rechtswissenschaften sowie Vertreterinnen und Vertreter aus Wirtschaft, Gewerkschaften und zuständigen Landesministerien an. Die Bioethik-Kommission soll die Landesregierung frühzeitig über die Einordnung neuer Technologien und ihre möglichen Folgewirkungen beraten.

"Ein praktisches Regierungshandeln wird sich aus dem Bericht nicht ableiten", erklärte der Minister. Die Kommission habe sich bei ihrer Arbeit auf die Beantwortung von Fragestellungen rund um den Eingriff in die menschliche Keimbahn konzentriert und andere Themen im Zusammenhang mit Crispr ausgeklammert, um den Rahmen des Berichts nicht zu sprengen.

dpa