Zwei junge Menschen mit Mundschutz begüßen sich per Ellbogen-Kontakt
mauritius images / Maskot

psychische Folgen von Corona
Kontaktreduktion belastet junge Menschen besonders

Einige Menschen leiden weniger unter der Pandemie als andere. Berührungen und soziale Kontakte sind nicht für alle gleich wichtig, zeigen Studien.

02.02.2021

Keine Umarmung, weniger Berührungen, weniger Kontakt – seit Ausbruch der Corona-Pandemie hat sich unser soziales Leben stark verändert. Das wirkt sich auch auf die Psyche aus. Am meisten leiden jüngere Menschen unter den Auswirkungen der Selbstisolation: Sie sind einsamer, depressiver und lethargischer als ältere Menschen. Das geht aus einer laufenden Studie von Forschenden aus München und Liverpool hervor, für die seit Mai 2020 über 1.700 Personen nach den Auswirkungen der Selbstisolation auf ihr mentales, psychologisches und emotionales Wohlbefinden befragt wurden.

Die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler erklären sich den Altersunterschied damit, dass jüngere Menschen vor Ausbruch der Pandemie eher an ausgeprägteren täglichen sozialen Kontakt gewöhnt waren und daher Erwartungen haben, die nicht erfüllt wurden. Diese Hypothese will das Team um Merle Fairhurst, Professorin für biologische Psychologie an der Universität der Bundeswehr München, in einer Folgestudie untersuchen.

Jedoch habe nicht jeder den gleichen "Hunger" nach Berührung, sagt Fairhurst. "Manche Menschen sind sehr erfreut, andere Menschen nicht berühren zu müssen." Aus ihren Daten gehe hervor, dass 85 Prozent der Befragten weniger Kontakt bekommen als sie wollten, aber 15 Prozent fühlten sich immer noch zu oft berührt. Die Studie zeigte zudem, dass dieser "Hunger" spezifisch für Kontakt mit Familienmitgliedern sei, Berührungen durch Fremde würden eher vermieden.

Menschen, denen die Berührung fehle, seien insgesamt einsamer und Personen, die sich weniger mit anderen verbunden fühlten, seien während der Kontaktbeschränkungen gestresster und depressiver. Denjenigen, die sich von ihrem Tastsinn getrennt fühlten, soll eine von den Forschenden entwickelte App helfen. Nutzerinnen und Nutzer könnten damit "Umleitungsmechanismen" trainieren, die Stress abbauen.

Introvertierte erleben die Pandemie als weniger stressig

Auch eine laufende Langzeitstudie der Universität Leipzig kam zu dem Zwischenergebnis, dass verschiedene Persönlichkeiten unterschiedlich stark unter den Kontaktbeschränkungen während der Pandemie leiden. "Introvertierte und emotional stabile Menschen empfinden die Pandemie als weniger stressig im Vergleich zu extravertierten und neurotischen Menschen", sagte Studienleiter Professor Hannes Zacher, Arbeitspsychologe an der Universität Leipzig. Für die Studie wurden zwischen April und September 2020 fast 600 Teilnehmende wiederholt befragt.

Introvertierte seien in dieser Krise entsprechend klar im Vorteil, sagt Zacher. In normalen Zeiten wiesen hingegen extravertierte Menschen ein höheres Wohlbefinden auf als introvertierte Menschen. Eine hohe emotionale Stabilität sei grundsätzlich eine günstige Eigenschaft, die in der Krise einen besonderen Vorteil verschaffe.

Extravertierte Menschen sind ihm zufolge gesellig, aktiv und gesprächig, während introvertierte Menschen eher zurückhaltend, unabhängig und gerne allein sind. Emotional stabile Menschen seien ruhig, entspannt und sicher, während neurotische Menschen dazu neigten, ängstlich, nervös und unsicher zu sein. Neben diesen zwei Charakterpaaren wurden in der Studie noch drei weitere zentrale Eigenschaften untersucht: Gewissenhaftigkeit, Verträglichkeit und Offenheit. Diese hätten jedoch keinen Einfluss auf das Stresserleben im Zusammenhang mit der Covid-19-Pandemie gehabt. 

ckr