Ein Wissenschaftler recherchiert am Laptop
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Open Access
Literatur-Recherche leicht gemacht

Die Online-Recherche nach Publikationen kann oft lästig sein. Ein Browser-Plugin erleichtert das Prozedere.

Von Katrin Schmermund 04.06.2018

Der Jungunternehmer Benjamin Kaube hat hochgerechnet: 15 Klicks dauert es im Schnitt bis Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler Zugriff auf einen wissenschaftlichen Artikel ihrer Wahl haben. Denn "Open Access" sei nicht immer so "open" wie es zunächst klingen mag. Oft sei das Login in den Universitäts-Account und die Suche durch digitale Archive lästig und zeitraubend.

Fünfzehn Sekunden bis drei Minuten brauche ein Wissenschaftler oder eine Wissenschaftlerin laut Kaube pro Artikelsuche. Das scheint zunächst wenig, sei aber verschenkte Zeit, die Wissenschaftler nutzen sollten, um "mit kniffligen Forschungsfragen zu ringen anstatt sich mit veralteten oder illegalen Tools herumzuschlagen". 2017 hat Kaube daher gemeinsam mit seinem Partner Jan Reichelt das Tool "Kopernio" entwickelt.

Das Plugin wird im Browser installiert und erkennt durch eine einmalige Registrierung und die Angabe der eigenen Universität oder anderen Forschungseinrichtung, auf welche Artikel ein Nutzer Zugriff hat. Sofort erscheint dann der grüne "Kopernio-Button" und der Artikel ist mit einem Klick aufrufbar. Dasselbe gilt, wenn man bei Google Scholar nach Artikeln sucht – hier wird der Button neben den einzelnen Einträgen angezeigt.

Aus Deutschland haben sich laut einer Sprecherin Nutzer von mehr als 100 Hochschulen und anderen Wissenschaftseinrichtungen angemeldet, die meisten von ihnen über die LMU München, die Technischen Universitäten Berlin, Clausthal und München, die Johannes Gutenberg-Universität Mainz sowie die Max-Planck-Gesellschaft.

Alternative zu zwielichtigen Wissenschaftsplattformen

Die Plattform Sci-Hub, die weltweit größte private Plattform für wissenschaftliche Publikationen, wurde zuletzt angeklagt. Sie habe Forscherinnen und Forscher dazu verleitet, ihre Nutzerkennungen einzutragen, um über deren Logins an Literatur heranzukommen, die sie auf ihrer Plattform bereitstellen wollten. Die "Schattenbibliothek", wie sie auch genannt wird, umgeht damit Paywalls und stellt Publikationen frei zur Verfügung.

Eine Studie der Utrecht Universität hatte ergeben, dass die Forscherinnen und Forscher bereits zu 75 Prozent der Artikel, die sie über Sci-Hub suchten, Zugriff gehabt hätten. Die Suche über andere Plattformen schien ihnen also nur zu umständlich zu sein oder nicht zu funktionieren.

Kopernio halte davon ab, illegale Software für die Artikelsuche zu nutzen, so Mitbegründer Kaube. Das gelte zumindest für die Fälle, in denen man Artikel brauche, auf die eine Bibliothek Zugriff habe, oder Artikel ohne Bezahlschranke. Kommt man nicht an den Artikel heran, nenne Kopernio zumindest Alternativvorschläge.

Künftig soll das Angebot weiter ausgebaut werden, sodass Kopernio in einer "Premium"-Version mit anderen Diensten wie etwa Dropbox verknüpft werden kann und mehr Speicherplatz für die Liste der recherchierten Beiträge zur Verfügung steht.

Kopernio wurde erst 2017 gegründet und bereits dieses Jahr von dem Forschungs- und Beratungsunternehmen für Wissenschaft und geistiges Eigentum "Clarivative Analytics" aufgekauft. Das ermöglicht eine Verknüpfung mit anderen Angeboten.

Datenschutzrechtlich würden für Kopernio teils andere Datenschutzvorgaben als für andere "Clarivative Analytics"-Produkte gelten, teilte eine Sprecherin Forschung & Lehre mit. Alle aufgerufenen Artikel eines Nutzers würden in einer "Cloud" gespeichert, diese Daten seien jedoch nur von ihm selbst aufrufbar und das aus seinen Recherchen erstellte Suchprofil sei anonymisiert. So erlaubten Auswertungen über die Beliebtheit einzelner Artikel keine Rückschlüsse auf einzelne Personen.

Die bei Kopernio eingetragenen Informationen würden nicht mit anderen öffentlich auffindbaren Informationen über eine Wissenschaftlerin oder einen Wissenschaftler verknüpft.

korrigiert am 06.06.2018, 07:47 Uhr