Beipackzettel des Astrazeneca-Impfstoff mit hervorgehobener Passage zu Thrombosen
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Nebenwirkung von Astrazeneca-Impfstoff
Mechanismus für Thrombosen nach Corona-Impfung aufgeklärt

Einige Menschen entwickeln nach einer Impfung mit Astrazeneca schwere Thrombosen. Forschende haben herausgefunden, wie das vermeidbar ist.

01.10.2021

Ein internationales Wissenschaftlerteam hat herausgefunden, wie es zu den teils schweren Komplikationen mit Sinusvenenthrombosen nach einer Covid-19-Schutzimpfung mit dem Impfstoff des Herstellers Astrazeneca kommt. Ihre im Fachmagazin "Blood" veröffentlichten Untersuchungen zeigen, dass ein Eiweiß von körpereigenen Blutplättchen mit Bestandteilen des Impfstoffs ungünstig interagiert und einen zweistufigen Mechanismus auslöst. Mit den Ergebnissen der Studie, die Forschende aus Hamburg und Greifswald geleitet haben, könnte nun der Impfstoff weiter verbessert und Komplikationen verringert werden, teilte das Universitätsklinikums Hamburg-Eppendorf (UKE) mit.

Demnach verändert sich ein Eiweiß der Blutplättchen, der sogenannte Plättchenfaktor 4 (PF4), indem er an Bestandteile des Vektorvirus des Impfstoffs bindet. Bestimmte Zellen des Immunsystems erkennen diese veränderten Eiweiße und bilden dagegen Antikörper. Diese Antikörper haften jedoch auch an den unveränderten Plättchenfaktor 4 auf den Blutplättchen, was zur Bildung von Thrombosen führen kann.

Begünstigt wird dieser Vorgang durch eine Parallelreaktion: Neben der Information zur Erkennung des eigentlichen Zielvirus (Sars-CoV-2) – verpackt in sogenannte Vektorviren – enthält der Astrazeneca-Impfstoff weitere Bestandteile, die aus der Produktion des Impfstoffs mittels Zellkulturen stammen. Diese zusätzlichen Inhaltsstoffe führen zu Entzündungsreaktionen und stimulieren das angeborene Immunsystem zur Antikörperproduktion.

In dieser Situation binden sich die zuvor aktivierten Blutplättchen der Studie zufolge außerdem an weiße Blutkörperchen, sogenannte Granulozyten, die daraufhin DNA-Fäden freisetzen. Die Blutplättchen, PF4 und die PF4-Antikörper haften wiederum an diese DNA-Fäden und aktivieren dadurch weitere Zellen im Blut, woraufhin sich im Gehirn die gefürchteten Sinusvenenthrombosen bilden können. Den Autorinnen und Autoren zufolge betrifft diese seltene Nebenwirkung (VITT) eine Person aus 30.000 bis 50.000 geimpften Personen.

"Unsere Ergebnisse können jetzt dafür genutzt werden, den Impfstoff weiter zu verbessern und noch sicherer zu machen", sagte Professor Thomas Renné, Seniorautor der Studie und Direktor des Instituts für Klinische Chemie und Laboratoriumsmedizin des UKE. "Durch das Verständnis des Mechanismus können wir intravenöse Immunglobuline einsetzen, die in jedem Krankenhaus verfügbar sind. Diese blockieren die Aktivierung der Blutzellen durch die gefährlichen Antikörper. Dadurch haben wir das Risiko an dieser Komplikation zu sterben um fast 90 Prozent gesenkt", ergänzte Professor Andreas Greinacher, Erstautor der Studie und Leiter der Abteilung Transfusionsmedizin am Institut für Immunologie und Transfusionsmedizin der Universität Greifswald.

ckr