Illustration einer DNA-Sequenzierung
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Erbgut-Analyse
Menschliches Genom vollständig entziffert

Schon länger versuchen Forschende, das Genom des Menschen zu lesen. Nun ist ihnen eine lückenlose Sequenzierung geglückt.

01.04.2022

Das menschliche Genom enthält über drei Milliarden einzelner DNA-Bausteine, sogenannte Basenpaare. Ihre Reihenfolge ist nun – rund 20 Jahre nach dem ersten Versuch – erstmals so gut wie vollständig bekannt. Einem internationalen Team mit mehr als 100 Forschenden ist es gelungen, menschliches Erbgut lückenlos zu sequenzieren. Die Ergebnisse haben sie in sechs Studien in einer Sonderausgabe des Fachmagazins "Science" veröffentlicht. Von dem genetischen Datensatz versprechen sie sich neue, grundlegende Erkenntnisse zur Biologie und Evolution des Menschen sowie neue Ansätze zur Therapie von Krankheiten.

Die genetische Information des Menschen liegt verschlüsselt in den vier Grundbausteinen des Erbgutmoleküls DNA vor, den sogenannten Nukleinbasen Adenin, Thymin, Guanin und Cytosin. Die Reihenfolge dieser Einzelbausteine – häufig mit Buchstaben (A, T, G und C) abgekürzt – kodiert unter anderem die Baupläne für Eiweiße (Proteine) im Körper, die wiederum fast alle Lebensprozesse steuern. Die Bestimmung der Abfolge der Basen nennt man Sequenzierung.

Aus bisherigen Analysen seit dem Jahr 2001 waren bereits rund 92 Prozent des Humangenoms bekannt. Nun haben die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler mit Hilfe verbesserter Technik rund 200 Millionen bisher unbekannter Basenpaare gefunden. Diese enthalten den Studien zufolge Informationen von 99 der insgesamt circa 20.000 proteincodierenden Gene des Genoms. Zudem hätten sie zahlreiche Fehler aus früheren Analysen korrigiert.

Weitere Genom-Analysen in Arbeit

Die komplette DNA-Information ist beim Menschen auf 22 Chromosomen verteilt, plus Geschlechtschromosomen X und Y. Einige der Bereiche sind den Studien zufolge schwerer zu sequenzieren als andere, weil sie viele Wiederholungen enthalten. Dank leistungsfähigerer Sequenziermaschinen, die deutlich längere DNA-Abschnitte analysieren können als frühere Geräte, hätten die Forschenden nun für jedes Chromosom die komplette Abfolge der Buchstaben von einem Ende zum anderen vorliegen – mit Ausnahme des Y-Chromosoms. Untersucht worden sei zudem nur väterliche DNA.

Das vorgestellte Referenzgenom (T2T-CHM13) wird daher nicht der einzige Gen-Katalog bleiben, denn er repräsentiert nur einen halben DNA-Satz und nur ein westeuropäisches Individuum. Um die Diversität der menschlichen Bevölkerung besser zu erfassen, arbeiten Forschende weltweit bereits an der Sequenzierung weiterer Humangenome von unterschiedlichen Individuen und aus verschiedenen Regionen der Welt.

ckr