bunte Mikroplastik-Partikel auf einer Fingerkuppe
mauritius images / A-ts / Alamy

Umweltverschmutzung
Mikroplastik verteilt sich auch über die Luft

Mikroplastik gelangt über viele Wege in die Umwelt. Forscher haben nun gezeigt, dass Luftströmungen einen immensen Anteil daran haben können.

16.04.2019

Mikroplastik kann auch über die Luft in abgelegene Regionen transportiert werden. Bisher wurde angenommen, dass sich Mikroplastik vor allem über Flüsse in der Umwelt verteilt und so ins Meer gelangt. Aber auch die Atmosphäre könnte ein bedeutender Transportweg für Plastik sein. Das ergaben Analysen in den französischen Pyrenäen. Im Schnitt hätten sich dort täglich 365 Mikropartikel pro Quadratmeter abgelagert, berichten Forscher im Fachmagazin "Nature Geoscience".

Die Wissenschaftler vom Forschungsinstitut Ecolab in Castanet-Tolosan hatten im Winter 2017/18 über fünf Monate hinweg ein spärlich besiedeltes Gebiet in gut 1400 Metern Höhe in den Pyrenäen untersucht. Die Gegend liegt weit entfernt von Großstädten, Industriezentren und großen Landwirtschaftsflächen. Wie viel Mikroplastik abgelagert wird, hängt demnach von Wetterphänomenen wie Regen, Schnee und starkem Wind ab. Unter den in den Pyrenäen abgelagerten Partikeln waren bis zu 750 Mikrometer lange Fasern und Kunststoffpartikel mit bis zu 300 Mikrometer Durchmesser.

Je höher, desto weiter gelangt das Plastik

Den Forschern zufolge stammen die Partikel von bis zu 95 Kilometer entfernten Kleinstädten mit weniger als 25.000 Einwohnern. Zweifel daran äußert Volker Matthias vom Helmholtz-Zentrum Geesthacht (HZG), der selbst nicht an der Studie beteiligt war: Mit den verwendeten Rechenmodellen lasse sich nur sehr eingeschränkt auf die Herkunft von Luftmassen schließen. Die Aussagekraft halte er daher für sehr begrenzt.

Zu beachten sei zudem, dass es in wärmeren Jahreszeiten einen stärkeren Vertikaltransport in der Atmosphäre gebe. Demnach müsste die untersuchte Region noch stärker durch die Ablagerung von Stoffen betroffen sein, die in größerer Entfernung in die Atmosphäre gelangt sind. Bei künftigen Studien wünscht er sich daher eine längere Beobachtungsdauer.

Der HZG-Forscher sieht Parallelen zum Transport von Sahara- und Vulkanstaub in der Atmosphäre. Wenn die Partikel durch Luftbewegungen einmal in größere Höhen gebracht wurden, könnten sie auch über größere Entfernungen transportiert werden. Fasern hätten zudem geringere Sinkgeschwindigkeiten als kugelförmige Teilchen. Es sei daher nicht überraschend, dass auch verhältnismäßig große Mikroplastikpartikel über große Distanzen transportiert werden können, so Matthias.

Woher kommt das Plastik?

Kunststoffe sind langlebig: Größere Teile werden zu immer kleineren zersetzt. Als Mikroplastik werden Kunststoffteilchen bezeichnet, die kleiner als fünf Millimeter sind. Dazu zählen etwa Reibekörper in Kosmetik und beim Waschen freigesetzte synthetische Fasern. Rund ein Drittel der Mikroplastik-Emissionen entsteht durch den Abrieb von Autoreifen. Das geht aus der im vergangenen Jahr vorgestellten Studie "Kunststoffe in der Umwelt" hervor. Demnach kommen allein in Deutschland jährlich rund 330 000 Tonnen Mikroplastik zusammen. Das entspricht gut vier Kilogramm pro Kopf.

Allein im Jahr 2016 wurden weltweit etwa 335 Millionen Tonnen Plastik produziert, davon 60 Millionen Tonnen in Europa, wie es in der aktuellen Studie heißt. Jährlich lande etwa ein Zehntel des hergestellten Plastiks in den Meeren. Auf welchen Wegen, sei noch nicht im Detail geklärt. Frühere Analysen in Megastädten wie Paris und Dongguan im chinesischen Perlflussdelta hätten gezeigt, dass Mikroplastik über die Atmosphäre transportiert und in der Region abgelagert wird. Die vorliegende Analyse belege nun, dass die Partikel auch in weit entfernte Regionen getragen werden.

ckr/dpa