Illustration der Funktionsweise von Crispr: Erkennbar sind die DNA-Doppelhelix, das Cas9-Protein und die Stelle, an der geschnitten wird.
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CRISPR/Cas
Mit Geneditierung Muskelschwund therapieren

Kann die Genschere Crispr den Weg zur Heilung von Muskeldystrophie weisen? Forschende präsentieren präklinische Ergebnisse.

09.01.2025

Mit der Genschere Crispr soll es möglich werden, die Muskeln von Patientinnen und Patienten mit Muskelschwund zu reparieren und wieder wachsen zu lassen. Ein Forschungsteam um Professorin Simone Spuler forscht in Berlin an einer Therapie für Muskeldystrophie. Mit der Genschere wollen die Forschenden die Funktion eines Proteins wiederherstellen, das für die Reparatur von Zellmembranen verantwortlich ist. Die vorklinischen Ergebnisse haben die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler vergangene Woche in der Fachzeitschrift "Nature Communications" veröffentlicht.

Das Protein Dysferlin ist für die Reparatur von Zellmembranen verantwortlich. Menschen mit bestimmten Mutationen in dem Dysferlin kodierenden Gen erkranken an einer Form von Muskeldystrophie, den Muskelschwundkrankheiten. Für die Studie haben die Forschenden Muskelstammzellen von zwei an Gliedergürtel-Muskelsdystrophie erkrankten Personen entnommen, wie sie berichten. Bei dieser Krankheit schreite der Muskelabbau immer weiter fort.

Erfolgreiche Korrektur der Genmutation

Mit der Crispr-Genschere haben sie laut Studie den genetischen Fehler korrigiert. Dazu werde das DNA-Molekül an einer präzise definierten Stelle geschnitten. Dadurch sei die Zelle dazu gezwungen, ihre DNA zu reparieren. Ziel sei, dass die krankmachende Mutation während der Reparatur korrigiert wird. In einer Zellkultur haben demnach im Anschluss erfolgreich Dysferlin-Proteine produziert werden können. Die Editierung habe zwar nicht exakt zur gewünschten Gensequenz geführt - es habe Abweichungen im erzeugten Dysferlin-Protein gegeben. Trotzdem sei es in seiner Funktion dem Wildtyp sehr ähnlich. 

Die Crispr-Cas9-Technologie

Mit dem Crispr-Cas9-Verfahren ist es möglich, in Zellen DNA gezielt zu verändern. Dazu wird ein synthetisches Cas9-Protein mit synthetischer sgRNA verbunden und in die Zelle eingebracht. Die sgRNA kann sich an der passenden Stelle mit der DNA verbinden, was diese in Einzelstränge auftrennt. Das Cas9-Protein schneidet die DNA an beiden Enden der Bindungsstelle, so dass der Doppelstrang "durchgeschnitten" wird. Diesen Doppelstrangbruch versucht die Zelle zu reparieren. Wird gleichzeitig therapeutische DNA in die Zelle eingebracht, kann diese in den "aufgeschnittenen" DNA-Strang eingebaut und somit die DNA der Zelle verändert werden.

Die Chancen dieser Methode sind immens. Gleichzeitig stellen sich ethische Fragen. Mehr Informationen dazu finden Sie auf "Forschung & Lehre" im Schwerpunkt "Crispr".

Auch bei Mäusen wiederholten die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler dieses Verfahren, wie sie berichten. Sie transplantierten demnach die korrigierten Zellen anschließend wieder in Mäuse. Die Muskeln hätten begonnen zu wachsen. "Wir konnten keine Immunreaktion gegen die transplantierten Zellen oder die erzeugten Proteine feststellen", erläutert Spuler in einer Mitteilung ihres Forschungszentrums vom 8. Januar.

"Wir konnten keine Immunreaktion gegen die transplantierten Zellen oder die erzeugten Proteine feststellen." Simone Spuler

Ihre Forschungsgruppe am Experimental and Clinical Research Center des Max Dellbrück Centers und der Charité – Universitätsmedizin Berlin möchte nun auch mit Studien am Menschen beginnen und auch bei diesen editierte Zellen in die Zielmuskeln zurück transplantieren, heißt es in der Meldung zur Studie. Diese Therapie verspreche allerdings keine vollständige Heilung, so die Forschenden: Die Methode wäre vorerst auf ein oder zwei Muskeln von den 600 im Körper befindlichen Muskeln beschränkt. Es sei nicht einfach, alle Muskeln gezielt anzusteuern, erklärt Spuler. "Wir fangen ganz bescheiden mit ein oder zwei Muskeln an, die wir ansteuern. Aber wenn diese Therapie funktioniert, kann sie zumindest diesen Muskel heilen."

cpy