Zwei Abbildungen von Trocknungsmustern von Peptid-Lösungen, links: Amyloid-beta-(Aβ42)-Peptid, rechts: Mutation
KIT

Biochemie
Neue Methode kann Alzheimer früher nachweisen

Forschende haben eine simple Technik entwickelt, mit der sie Erkrankungen wie Alzheimer diagnostizieren können. Sie basiert auf getrockneten Tropfen.

15.07.2022

Forschende des Karlsruher Instituts für Technologie (KIT) haben eine neue Methode entwickelt, um neurodegenerative Erkrankungen nachzuweisen. Die Methode sei effektiv und simpel und könne die den Krankheiten zugrundeliegenden Fehlfaltungen von Proteinen bereits in einem frühen Stadium der Erkrankung nachweisen. Die Vorhersagegenauigkeit liege bei über 99 Prozent, teilte das KIT mit. Die zugehörige Studie ist im April in der Fachzeitschrift "Advanced Materials" erschienen.

Neurodegenerative Krankheiten wie Alzheimer oder Parkinson werden durch Fehlfaltungen von Proteinen oder Peptiden hervorgerufen, also durch Änderungen in deren räumlicher Struktur. Ursache sind kleinste Abweichungen in der chemischen Zusammensetzung der Biomoleküle. Diese Fehlfaltungen lassen sich laut Studie über die Trocknungsstruktur von Protein- und Peptid-Lösungen erkennen.

Dafür analysierten die Forschenden um Professor Jörg Lahann mikroskopische Aufnahmen solcher Lösungen und werteten sie mit neuronalen Deep Learning-Netzwerken aus. Die künstliche Intelligenz (KI) konnte aus den Flecken, die die trocknenden Tröpfchen der Peptidlösungen auf einer festen Oberfläche hinterlassen, die biochemisch zugrundeliegende Struktur ableiten. Die Fleckenmuster seien mit bloßem Auge nur schwer unterscheidbar, für die KI aber wie "Fingerabdrücke", die die strukturelle und räumliche Identität eines Peptides widerspiegelten.

Auf diesem Wege haben die Forschenden acht genetische Mutationen klassifiziert, die zu Fehlfaltungen in Proteinen führen, die für neurodegenerative Krankheiten bekannt sind und sich mit der Methode effektiv nachweisen lassen. Die Technologie ermögliche es, Alzheimer-Varianten innerhalb weniger Minuten zu identifizieren. Weil keine aufwändige Probenaufbereitung erforderlich sei, erlaube die Methode eine einfache und patientennahe Diagnostik.

Im Prinzip könnte jeder Arzt die Methode anwenden und die Proteinmuster sogar mit einem Smartphone auslesen, sagte Lahann gegenüber "Forschung & Lehre". Eine klinische Anwendung sei im Moment aber noch nicht abzusehen, dazu seien weitere Studien notwendig. Die in der Studie verwendeten Peptide entsprechen laut Lahann verschiedenen Varianten eines Peptides, die in Patienten existieren und verschiedene genetische Mutationen repräsentieren. Ob die Methode auch verlässlich mit realen Patientenproben funktioniert, müsse noch erforscht werden.

ckr