Neutrino-Waage "Katrin"
Markus Breig/KIT

Astroteilchenphysik
Neutrino-Waage "Katrin" startet Messungen

Das Karlsruher Institut für Technologie forscht nach der Masse von Neutrinos, kleinen Neutronen. Dazu musste ordentlich aufgefahren werden.

11.06.2018

Was wiegen die leichtesten Elementarteilchen? Am Karlsruher Institut für Technologie (KIT) hat die nach Angaben des Forschungsinstituts "genauste Waage der Welt" am Montag ihre Messungen begonnen. Nach 15 Jahren Bauzeit starteten die Forscher die Neutrino-Waage "Katrin" (Karlsruhe Tritium Neutrino) per Knopfdruck.

Neutrinos sind kleine Neutronen. Von Erkenntnissen über ihre Masse versprechen sich Physiker Rückschlüsse über die Entstehungsgeschichte der Welt. "Das ist ein großer Tag fürs Universum – weil eines seiner Hauptbestandteile nun vermessen wird", sagte der Physik-Bereichsleiter am KIT, Johannes Blümer, bei der Einweihungsfeier mit zahlreichen Gästen. Rund 200 Forscher von 20 Institutionen in 7 Ländern sind am Experiment beteiligt.

Die auch als Geisterteilchen bezeichneten Neutrinos sind überall – mehrere Milliarden von ihnen durchströmen in jeder Sekunde den Finger eines Menschen. Da Neutrinos selbst zu flüchtig sind, muss das Forscherteam ihr Gewicht über einen Umweg ermitteln, wie die "Zeit" berichtete: Am Anfang des 70 Meter langen Versuchsaufbaus strömt Tritium in ein Vakuumrohr, ein radioaktives Wasserstoffatom mit zwei Neutronen. Beim radioaktiven Zerfall wandelt sich ein Neutron in ein Proton, ein Elektron und ein Neutrino um. Statt nun zu versuchen, das Neutrino einzufangen, messen die Physiker die Bewegungsenergie des Elektrons. Aus dessen Energieverteilung ließe sich dann die Masse des Neutrinos bestimmen.

Vakuumtank wiegt 200 Tonnen

Das größte Bauteil der Neutrino-Waage ist der 24 Meter lange Vakuumtank mit einem Durchmesser von zehn Metern und einem Gewicht von 200 Tonnen. Insgesamt hat der Versuchsaufbau eine Länge von 70 Metern. Die Baukosten hätten bei 60 Millionen Euro gelegen, heißt es auf einer Website des Deutschen Elektronen-Synchrotron "Desy". Demnach habe sich Deutschland zu 93 Prozent beteiligt, das Bundesministerium für Bildung und Forschung alleine mit 50 von rund 56 Millionen Euro.

Nach etwa fünf Jahren Messbetrieb erwarten die Forscher die genauen Messergebnisse. Die Masse der Neutrinos zu bestimmen gilt als wichtige Grundlagenforschung in der Teilchenphysik. Ob das aktuelle Experiment dieses Ziel erreichen kann ist noch nicht sicher. Immer wieder hatten sich Forscherteams an dieser Frage bemüht. Bis heute ist nur bekannt, wie groß diese nicht ist. So gehe man seit 1999 laut "Zeit"-Bericht davon aus, dass die Neutrinomasse nicht über zwei Elektronenvolt liegen könne.

kas/dpa

zuletzt aktualisiert: 11.06.2018, 14:10 Uhr