Das Gebäude des wegen seines Betriebs mit atomwaffenfähigem Uran umstrittenen Forschungsreaktors München 2 (FRM-II) der Technischen Universität München in Garching.
dpa - Fotoreport

Bayern
Reaktor der TUM soll 2022 wieder anfahren

Derzeit steht der Garchinger Forschungsreaktor still, auch weil radioaktives Material ausgetreten war. Der Neustart wird trotz Kritik vorbereitet.

24.09.2021

Der Forschungsreaktor FRM II in Garching bei München soll im nächsten Jahr wieder anfahren. Geplant sei ein Zeitpunkt Anfang 2022, sagte eine FRM II-Sprecherin der Deutschen Presse-Agentur. Das bayerische Umweltministerium als Aufsichtsbehörde habe dem Neustart schon zugestimmt. Der Reaktor wird vorerst weiter mit umstrittenem hochangereichertem Uran laufen. Dagegen protestieren Atomgegner seit langem. Der FRM II ist eine der leistungsstärksten Neutronenquellen weltweit und für Wissenschaft, Industrie und Medizin bedeutsam. Viele Wissenschaftler warteten dringend auf das Wiederanfahren des Reaktors, zumal drei weitere starke Neutronenquellen in Frankreich, England und USA vorübergehend ausfielen, so die Sprecherin.

Der Reaktor war wegen der Corona-Pandemie im März 2020 heruntergefahren worden. Wenig später entwich radioaktives C-14 über dem zulässigen Jahresgrenzwert, weil eine Filteranlage versehentlich nicht in Betrieb genommen worden war. Ein völlig neuer Prozess an der entsprechenden Stelle solle das künftig verhindern.

Zudem werde an einer Umstellung auf einen niedriger angereicherten Brennstoff gearbeitet, sagte die Sprecherin. Mit europäischen und internationalen Partnern werde an alternativen Brennstoffen geforscht, die eine Umrüstung auf niedrigere Anreicherung ermöglichen, sagte die Sprecherin. Bis spätestens 2023 wollten sich Bund und Land verständigen, welches Material als neuer Brennstoff für den Reaktor der TUM in Frage komme. Die Umstellung allerdings wird noch Jahre dauern.

Es gab 2018 einen Vorschlag eines TU-Wissenschaftlers zu einem Brennelement mit auf 50 Prozent angereichtem Uran sowie eine Konzeptstudie zu 20 Prozent angereichertem Uran. Diese seien für den FRM II in der Form nicht einsetzbar, sagte die FRM II-Sprecherin.

Rechtsstreit um Betrieb des Reaktors dauert an

Wegen der Nutzung von zu 93 Prozent angereichertem Uran ist der Reaktor umstritten. Atomgegner, Umweltschützer und Grüne sprechen von waffenfähigem Material. Sie fordern die Abschaltung und haben gegen den Betrieb der Anlage durch die Technische Universität München (TUM) geklagt, da dieser spätestens seit Ende 2018 wegen einer fehlenden Betriebsgenehmigung nicht mehr legal sei. Weltweit wird angestrebt, auf unter 20 Prozent Anreicherung zu kommen.

Die Grünen im Bayerischen Landtag haben die Pläne zum Wiederanfahren des Reaktors mit hochangereichertem Uran kritisiert. "Es ist eine Unverschämtheit, noch vor der mündlichen Verhandlung im Klageverfahren gegen die TU München das Wiederanfahren anzukündigen", sagte die Abgeordnete Claudia Köhler am Freitag.

Die Klage gründe auf einem umfangreichen Rechtsgutachten, das die Unrechtmäßigkeit des Betriebs belege, sagte Köhler. Sie halte es für unverantwortlich, wenn das Umweltministerium die Zustimmung zum Anfahren gebe. "Dazu kommt noch, dass nicht nur die Endlagerung, sondern auch die Zwischenlagerung der Brennstäbe völlig ungeklärt ist." Das Zwischenlager am Standort Garching ist nahezu voll, ein Atommülltransport durch Bayern nach Norddeutschland stehe bevor.

Der Grünen-Abgeordente Markus Büchler verlangte, ein von einem TU-Wissenschaftler erarbeitetes Papier zur möglichen Umrüstung umgehend zu veröffentlichen. "Der Garchinger Reaktor bleibt eine Gefahr: für die Garchinger Bevölkerung, aber vor allem für die internationalen Bemühungen, die Verbreitung von atomwaffenfähigem Material einzudämmen".

aktualisiert am 24.09.2021 um 17:47 Uhr, zuerst veröffentlicht um 14:53 Uhr

dpa/ckr