Üppige Seegraswiesen von Posidonia oceanica im Mittelmeer.
HYDRA Marine Sciences GmbH

Meeresbiologie
Seegraswiesen produzieren haufenweise Zucker

Unter Seegraswiesen im Meer liegt viel überschüssiger Zucker, eine enorme CO2-Senke. Nur wenige Mikroben wissen die süßen Oasen zu nutzen.

03.05.2022

Forschende des Max-Planck-Instituts (MPI) für Marine Mikrobiologie in Bremen haben herausgefunden, warum unter Unterwasserwiesen aus Seegras große Mengen Zucker lagern – weltweit rund eine Million Tonnen Saccharose. Wie aus der am Montag veröffentlichten Studie hervorgeht, geben die Seegräser (Posidonia oceanica) den Zucker in den Meeresboden ab, weil sie bei der Photosynthese zeitweise mehr davon produzieren als sie brauchen. Gleichzeitig von ihnen freigesetzte Phenole hielten jedoch die meisten Mikroben davon ab, den Zucker abzubauen, so dass er sich im Boden ansammle und als wichtige CO2-Senke diene.

Die Meerespflanzen entfernen den Forschenden zufolge durch ihren Stoffwechsel klimaschädliches Kohlendioxid aus der Atmosphäre – und das viel effizienter als Wälder an Land. Daraus hätten sie zwischen 0,6 und 1,3 Millionen Tonnen überschüssigen Zucker produziert, hauptsächlich in Form von Saccharose, den sie in die Sedimente eingelagert haben. Würde er abgebaut, würden weltweit bis zu 1,5 Millionen Tonnen Kohlendioxid in die Atmosphäre gelangen. Seegraswiesen müssten daher geschützt werden, mahnen die Forschenden.

Theoretisch könnten zahlreiche Mikroben am Meeresboden den Zucker weiterverwenden und dabei CO2 freisetzen, heißt es in der Studie. Seegras gebe jedoch – wie viele andere Pflanzen auch – gleichzeitig antimikrobielle Substanzen, sogenannte Phenole, in seine Umgebung ab, die den Stoffwechsel der meisten Mikroorganismen hemmen. Nur eine kleine Gruppe mikrobieller Spezialisten könne mit diesen Bedingungen umgehen. Die Forschenden vermuten, dass diese Spezialisten Saccharose verdauen und Phenole abbauen können und zudem für das Seegras notwendige Nährstoffe wie Stickstoff produzieren. Solche wechselseitig vorteilhaften Beziehungen, sogenannte Symbiosen, seien gut von Landpflanzen und Mikroorganismen bekannt, im Meer jedoch bislang kaum erforscht.

ckr