Protest gegen Shutdown
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USA
Shutdown gefährdet jahrzehntelange Versuchsreihen

Der Regierungsstillstand in den USA wirkt sich immer stärker auf die Wissenschaft aus. Gerade für Nachwuchswissenschaftler kann es eng werden.

11.01.2019

Die Auswirkungen des Shutdowns haben sich in der Wissenschaft in den vergangenen Tagen immer stärker gezeigt. Während anfangs nur Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter staatlicher Behörden wie der NSF direkt betroffen waren, sind nun immer mehr Projekte gefährdet, weil die Finanzierung ausbleibt. Auch werden neue Projektanträge wie bereits angekündigt nicht bearbeitet, berichtete die Zeitschrift "Nature".

Gerade bei Nachwuchswissenschaftlern, die sich alleine über ein Stipendium finanzierten, gehe die Kürzung schnell an die Existenz. "Nature" zitiert einen Post-Doktoranden, der aktuell kein Geld über sein NSF-Stipendium erhalte. Da er nicht als Mitarbeiter gelte, könne er aber auch kein Arbeitslosengeld beantragen.

Einige lasse der Shutdown nun endgültig darüber nachdenken, ob sie weiter in der Wissenschaft bleiben wollten. "Langsam nervt es, in diesem 'chicken game' zum politischen Spielball zu werden", sagte ein Wissenschaftler gegenüber der Zeitschrift. Er wolle sich nun einen Job außerhalb des öffentlichen Dienstes suchen.

Einige Forscher müssen nicht nur mit einer Finanzierungslücke klarkommen, sondern fürchten um jahrzehntelange Forschungsarbeiten. Dazu gehöre eine bekannte Langzeitstudie, in der Ökologen seit 1958 jeden Winter die Räuber-Beute-Beziehung zwischen Wölfen und Elchen im Isle Royale National Park in Michigan untersuchen. Für dieses Jahr müssten sie ihre Datenreihe bald abbrechen, sobald der Schnee schmelze, da sie die Tiere kaum noch finden würden. Damit wäre die Kontinuität der Studie unterbrochen. Das bedeutet gleichzeitig eine Menge verschwendeten Geldes. Alleine in diesem Jahr habe die Studie rund 300.000 US-Dollar gekostet.

Nasa-Projekt "Chandra": Eine Million US-Dollar pro Woche

"Die Nasa ist derzeit geschlossen", steht auf einer Informationsseite für Mitarbeiter auf der Webseite der US-Raumfahrtbehörde. Die vielen Missionen laufen zwar weiter, aber es arbeiten nur die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die für die reibungslose Durchführung dieser Missionen absolut notwendig sind. Halte der "Shutdown" weiter an, seien auch Verzögerungen bei geplanten Missionen durchaus möglich.

Die staatlichen Wissenschaftsorganisationen suchten derweil nach Schlupflöchern, um zumindest große Projekte weiter fördern zu können. Dazu gehörten etwa die Forschungsarbeiten anhand des Nasa-Satelliten Chandra, der mit einem Röntgenteleskop ausgestattet ist. Am 22. Januar würde bei dem Projekt eigentlich der Geldhahn abgedreht werden. Zwei Monate will die NSF die Arbeiten jetzt über eine Risikofinanzierung stemmen. Der Satellit muss durchgehend beobachtet werden, da er bei falscher Ausrichtung zur Sonne überhitzen könnte. Seit 20 Jahren läuft die Mission laut Bericht und kostet eine Million US-Dollar pro Woche.

Bei einer globalen Wissenschaft sind auch zahlreiche internationale Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler betroffen. Die einen können eine Studie nicht veröffentlichen, da Beiträge oder Daten aus den USA fehlen. Bei anderen fehlen die Projektpartner aus den USA auf wichtigen Konferenzen. In Vancouver treffen sich laut Bericht etwa Forscher des Weltklimarats für den sechsten Bericht ihres Klimaberichts ohne einige Wissenschaftler aus den USA.

Insgesamt sind laut Berichten derzeit rund 800.000 Regierungsmitarbeiter im Zwangsurlaub oder arbeiten unbezahlt weiter. Bei der nationalen Wissenschaftsstiftung NSF arbeiten nach Angaben von "Nature" 60 von 2.000 Mitarbeitern, bei der Klima- und Wetterbehörde NOAA 5.500 von 11.400, bei der Umweltschutzorganisation EPA ungefähr 750 von mehr als 14.000.

Die Beschäftigten der nationalen Gesundheitsinstitute NIH und die US-Energiebehörde hatten ihre Budgets schon vor der Haushaltssperre bewilligt bekommen und können weiterarbeiten. Auch rund 60 Prozent der Angestellten der Medikamentenbehörde FDA können normal weitermachen, da diese sich nicht nur aus Haushaltsmitteln finanziert.

Der Shutdown läuft seit dem 22. Dezember. Geht er über den 12. Januar hinaus, ist es der längste Regierungsstillstand in der Geschichte der USA. Eine Einigung zwischen der republikanischen Regierung unter Donald Trump und der demokratischen Opposition ist bislang nicht abzusehen.

kas/dpa