Paul Ehrlich-Stiftung
Signalweg der angeborenen Immunität entschlüsselt
Der Stiftungsrat der Paul Ehrlich-Stiftung hat heute die Forschenden bekannt gegeben, welche den Paul Ehrlich- und Ludwig Darmstaedter-Preis 2025 erhalten: Eine Ärztin, ein Virologe und ein Biochemiker werden am 14. März während eines Festakts in der Frankfurter Paulskirche ausgezeichnet.
Sie haben laut Bekanntgabe der Stiftung den sogenannten cGAS-STING-Signalweg entdeckt. Das sei die Alarmanlage, die anschlage, wenn DNA bei Infektionen, Krebs oder zellulärem Stress in das Plasma einer Zelle eindringt. Sie rufe sofort die Abwehr des angeborenen Immunsystems auf den Plan. Arzneimittel, die in diesen Signalweg eingreifen würden, befänden sich derzeit in Entwicklung.
Jahrzehntelange Forschung für Meilenstein der Immunologie
Dass Nukleinsäuren wie die DNA eine Immunreaktion auslösen könnten, habe der aus Russland stammende Zoologie und Bakteriologe, Professor Ilya Mechnikov, schon 1908 bei der Verleihung des Medizin-Nobelpreises berichtet, den er sich mit dem Mediziner Professor Paul Ehrlich geteilt habe.
Wie sich diese Reaktion molekularbiologisch vollziehe, habe sich erst einhundert Jahre später mit den heutigen Preisträgern und der Preisträgerin des Ehrlich-Preises zu klären begonnen:
2008 habe der Virologe Professor Glen Barber mit seiner Gruppe an der Universität von Miami den Anfang dieser Enthüllung gemacht. Er habe sich auf die Beantwortung der Frage begeben, auf welche Art und Weise DNA im Zellplasma erkannt wird und eine Immunantwort triggert. Dabei habe er ein bisher unbekanntes Protein entdeckt, welches er entsprechend seiner Funktion STING – Stimulator von Interferon-Genen – genannt habe.
Den enzymatischen Sensor und dessen Boten, der STING aktiviert, entdeckte daraufhin Professor Zhijian J. Chen an der University of Texas Southwestern Medical Center in Dallas, indem er mit seiner Gruppe hochempfindliche biochemische Methoden miteinander kombinierte. Im Dezember 2012 publizierte das Fachmagazin Science zwei Monate vor dem Druck online Chens Entdeckung des DNA-Sensors (cGAS) und des neu entdeckten bakteriellen Botenstoffs (CGAMP).
2013 habe die aus Deutschland stammende Ärztin Professorin Andrea Ablasser den chemisch einzigartigen Botenstoff analysiert und sei für diese Leistung bereits 2014 mit dem Paul Ehrlich-und-Ludwig Darmstaedter-Nachwuchspreis ausgezeichnet worden. Sie arbeitet derzeit an der Technischen Hochschule in Lausanne. Ablasser sei 2018 mit ihrer Gruppe die Synthese des ersten STING-Inhibitors gelungen, um den Signalweg zu hemmen.
Die drei Forschenden erhalten mit ihrer Auszeichnung ein gemeinsames Preisgeld von 120.000 Euro.
Neuer Behandlungsweg für Krebs und entzündliche Erkrankungen
"Der cGAS-STING-Signalweg ist ein Fundament unserer angeborenen Immunabwehr, nach dem lange gesucht wurde", erklärt der Vorsitzende des Stiftungsrates, Professor Thomas Boehm. Mit seiner Entdeckung hätten die Preisträgerin und die beiden Preisträger der Medizin die Möglichkeit erschlossen, Infektionen, Krebs und entzündliche Erkrankungen effektiver als bisher zu behandeln.
Das Auftauchen von DNA im Zytoplasma einer Zelle bedeute höchste Gefahr. Wie der Immunabwehr eine schnelle Reaktion durch Abwehrmaßnahmen gelingen würde, hätten die drei Forschenden bereits in den Jahren zwischen 2008 und 2013 herausgefunden. Seitdem würden sie die Verzweigungen des von ihnen entdeckten Signalweges immer genauer kartieren.
Was den sogenannten cGAS-STING-Signalweg auszeichne, sei seine Universalität: Sein Sensor unterscheide nicht zwischen externen und körpereigenen DNA-Doppelsträngen. Das verstoße gegen die Regel, wonach das Immunsystem "fremd" und "eigen" eindeutig auseinanderhalten müsse. Dieser Regelverstoß sei riskant, da er die Möglichkeit einer unbeabsichtigten Selbstzerstörung berge. Er würde der Medizin aber eine doppelte Möglichkeit bieten, therapeutisch in diesen Signalweg einzugreifen: einerseits durch Hemmung, andererseits durch Aktivierung.
So habe die Entwicklung von Substanzen, die den cGAS-STING-Signalweg hemmten, großes therapeutisches Potenzial, beispielsweise wenn bei älteren Menschen die Aktivierung der körpereigenen "Alarmanlage" als Immunantwort eine sogenannte sterile Entzündung hervorrufe, welche neben neurodegenerativen Krankheiten vermutlich auch Herzinsuffizienz, Diabetes und andere Autoimmunkrankheiten verursachen könnte. Neben der Hemmung bestünde der gegenläufige therapeutische Weg darin, Agonisten dieses Signalweges aktiv in der Impfstoffentwicklung und als Krebsmedikamente zu erproben.
cva