Das Grab des Marcus Venerius Secundio, am Bildrand stehen Forscherinnen.
Archeological Parc of Pompeii / Cesare Abbate

Archäologie
Spektakulärer Fund in Pompeji

Die versunkene Stadt Pompeji birgt Überraschungen. Forschende fanden vor kurzem das Grab eines Mannes, das eine bisher unbewiesene Annahme bestätigt.

Von Johannes Neudecker 17.08.2021

In einer kleinen Grabkammer liegen auf 1,6 mal 2,4 Metern die Überreste von Marcus Venerius Secundio. Seine Grabstätte befindet sich auf dem Gelände der untergegangenen Stadt Pompeji, am Golf von Neapel in Süditalien. Forschende des dortigen Archäologieparks stießen in den vergangenen Wochen auf die antike Ruhestätte und waren erstaunt. "Niemand hat sich so einen außergewöhnlichen Fund erwartet", erklärte Park-Direktor Dr. Gabriel Zuchtriegel im Gespräch mit der Deutschen Presse-Agentur. Es sei die Belohnung für eine langwierige Arbeit.

Knochenanalysen ergaben, dass Marcus Venerius Secundio älter als 60 Jahre wurde, wie der Archäologiepark mitteilte. Das Skelett ist demnach eines der am besten erhaltenen, die je in Pompeji gefunden wurden, weil der Raum hermetisch abgeriegelt war und beste Bedingungen für ein Überdauern der Überreste schuf. Am Kopf des Leichnams sind noch kurze graue Haare zu sehen und Reste des Ohrs. Außerdem machten Stoffreste an seinem Körper die Forscher neugierig. Sie wollen klären, ob die Mumifizierung des Körpers beabsichtigt und dies damit Teil eines Ritus war.

Was das Grab über den Bestatteten verrät

Aus der Inschrift über der Stätte erfuhren die Experten mehr über das Leben des Mannes – eine weitere Besonderheit. Marcus Venerius Secundio war den Erkenntnissen zufolge ein Servus publicus, also ein Sklave der Stadt Pompeji. Mit etwa 30 Jahren dürften ihn seine Besitzer in die Freiheit entlassen haben. Zumindest war das damals üblich, auch wenn die Verfügungsgewalt beim Besitzer lag.

"Er kommt dann zu einem gewissen Reichtum, aber nicht übermäßig, doch immerhin so, dass er sich dieses Grab leisten kann", erklärt Zuchtriegel weiter. Das Grab liege außerdem in prominenter Position, am Ausgang des Stadttors Porta Sarno, so dass man es wirklich sehen konnte, wenn man die Stadt verließ. Aus der Inschrift geht auch hervor, dass der Ex-Sklave eine Art Tempelwächter des Venustempels war und am Kaiserkult teilnahm. Er konnte so laut Zuchtriegel soziales Prestige zeigen.

Einsichten in das späte Pompeji

Die Inschrift lieferte außerdem einen Beweis für eine lang geglaubte, aber nie bewiesene Annahme: In Pompeji gab es Aufführungen auch auf Griechisch statt nur Latein. "Er schreibt: Er allein hat vier Tage Spiele in Griechisch und Latein veranstaltet", berichtet Zuchtriegel. Es sei das erste Mal, dass man ein sicheres Zeugnis für diese Tatsache gefunden habe. Die römische Oberschicht lernte Griechisch damals als eine Art Bildungssprache in der Schule. Außerdem galt sie im östlichen Mittelmeerraum als Verkehrssprache – als das, wofür heutzutage etwa Englisch steht.

Der Ex-Sklave, so interpretiert es Zuchtriegel, wollte damit nicht nur seinen sozialen Status zeigen, sondern auch ein kulturelles Statement abgeben, sprich vermitteln: Ich habe auch Zugang zu dieser hohen Kultur. In Pompeji habe es zwar Menschen gegeben, die Griechisch sprachen, doch meistens seien das Sklaven oder Prostituierte gewesen.

Auch der Bestattungsritus sei in diesem Fall auffällig, erklärt Zuchtriegel. "Es ist ein Grab aus der letzten Phase Pompejis, also aus den 60er- bis frühen 70er-Jahren. Das ist eine Zeit, in der in Pompeji Erwachsene ausschließlich brandbestattet werden, und das ist das erste Grab aus dieser Zeit, was eine Leichenbestattung aufweist." Die Forscher stießen während Ausgrabungsarbeiten am Friedhof von Porta Sarno im Osten der antiken Römer-Stadt darauf.

Pompeji ging durch Ausbrüche des Vulkans Vesuv im Jahr 79 nach Christus unter. Asche, Schlamm und Lava begruben die Stadt unter sich. Im 18. Jahrhundert wurde sie wiederentdeckt. Seitdem stoßen Archäologen dort immer wieder auf spektakuläre und sehr gut erhaltene Funde aus der Römer-Zeit. Pompeji ist auch eine der beliebtesten Touristenattraktionen in Italien.

dpa