Wissenschaftler im Labor mit einem Tablet in der Hand
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Klinische Forschung
Unis vernachlässigen Publikation in EU-Datenbank

Die Resultate medizinischer Studien müssen in einer EU-Datenbank veröffentlicht werden. Doch viele deutsche Universitäten halten sich nicht daran.

30.12.2019

Deutsche Universitäten publizieren die Ergebnisse klinischer Studien nur selten in dem europäischen Register "EudraCT" (European Union Drug Regulating Authorities Clinical Trials). Rund sieben Prozent der medizinischen Studien aus Deutschland sind darin eingetragen. Europaweit liegen 63 Prozent aller Studienergebnisse im Register vor. Das geht aus einer Analyse der britischen Kampagne "Transparimed" und der deutschen "Buko-Pharmakampagne" hervor, über die die "Süddeutsche Zeitung", NDR und WDR berichteten.

In der Datenbank müssen demnach seit 2004 alle klinischen Studien der EU erfasst werden. Seit 2014 müssen darin zudem die Studienergebnisse der internationalen Wissenschaftscommunity zugänglich gemacht werden, auch rückwirkend bis 2004. Unabhängig davon, ob die Ergebnisse in einem Fachjournal publiziert werden sollen, müssen diese spätestens ein Jahr nach Studienabschluss in der EU-Datenbank eingetragen werden.

Die 35 deutschen Universitätskliniken haben laut "Süddeutscher Zeitung" seither insgesamt 1.312 Studien in der Datenbank registriert. Von den 477 seit mindestens einem Jahr abgeschlossen Studien seien jedoch nur in 6,7 Prozent der Fälle die Ergebnisse eingetragen. Eine positive Ausnahme stelle das Universitätsklinikum Münster dar: Im Register fänden sich die Ergebnisse von 61 Prozent seiner Studien. In Regensburg, Würzburg, Leipzig und Düsseldorf seien es immerhin 29 bis 20 Prozent.

Von 17 deutschen Universitäten finden sich laut Bericht gar keine Studienergebnisse im europäischen Register. Von der Charité fehlten mit 68 Studien die meisten Resultate. Das Klinikum der Universität München schulde der Öffentlichkeit Daten zu 29, die TU München zu 27 und die Medizinische Hochschule Hannover zu 26 Studien.

Kein Forschungsgeld für Nicht-Veröffentlicher

Das Zurückhalten der Ergebnisse bedeute "die Antworten auf relevante Fragen den Patienten und Behandlern vorzuenthalten", betonte Jürgen Windeler, Leiter des Instituts für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (Iqwig), gegenüber der "Süddeutschen Zeitung". In der Folge würden möglicherweise Therapiefehler gemacht. Er forderte daher, dass Unis, die sich der Veröffentlichung verschließen, künftig kein öffentliches Geld mehr für ihre Forschung erhalten.

Das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) hat laut Bericht im Juni gemeinsam mit den Behörden anderer Länder, der Europäischen Arzneimittel-Agentur EMA und der EU-Kommission die Leiter von klinischen Studien auf die verpflichtende Veröffentlichung in der EU-Datenbank hingewiesen. Die deutschen Universitäten sähen die Veröffentlichung dagegen als unverbindlich an. Sie publizierten ihre Ergebnisse stattdessen im deutschsprachigen Register "PharmNet.Bund", das international jedoch kaum Beachtung finde, so die "Süddeutsche".

Für die Überwachung der Datenbank zuständig seien das BfArM und das Paul-Ehrlich-Institut. Es gebe erstaunlich viel Desinformation auf Seiten der Verantwortlichen in Deutschland, sagte Till Bruckner von "Transparimed". Laut einer Mitteilung von "Transparimed" hat das Paul-Ehrlich-Institut den Universitäten gesagt, es bestehe kein Handlungsbedarf. Das BfArM habe zwar an die Publikationspflicht erinnert, aber bei Verstoß bislang keine harten Maßnahmen ergriffen.

aktualisiert am 30.12.2019 um 19:08 Uhr

ckr