In einer grafischen Darstellung ist die Silhouette einer Person am Schreibtisch zu sehen. Sie sitzt im unteren Teil einer Sanduhr, deren Sand auf sie rieselt.
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Wissenschaftliche Integrität
Verpasste Abgabefrist = schlechtere Beurteilung?

Wer seine Forschungsarbeit verspätet abgibt, hat mit einer strengeren Bewertung zu rechnen. Das ist das Ergebnis einer Studie über Prokrastination.

12.11.2024

Geben Forschende oder Studierende ihre Arbeit verspätet ab, fällt nicht nur das Urteil über die Inhalte tendenziell strenger aus, sondern auch der Autor, die Autorin und gegebenenfalls weitere Mitwirkende rücken in ein schlechteres Licht. Zu diesem Ergebnis kommt die aktuelle Studie "On time or on thin ice" des Psychologieprofessors Sam J. Maglio von der Universität Toronto und des Doktoranden in Verhaltenswissenschaften David Fang von der Stanford Business School of Graduate. 

Selbst wenn die verpasste Frist mit dem Wunsch zusammenhänge, die Arbeit weiter zu perfektionieren, so führe dies nicht zu einer als besser wahrgenommenen Arbeitsqualität, resümiert die Studie weiter. Dies habe damit zu tun, dass der Autor oder die Autorin in der Wahrnehmung der begutachtenden Person durch eine Fristüberschreitung kompetenzbezogenes Vertrauen und damit an Integrität verlieren würde, da eine Pflichtverletzung stattgefunden habe. Allerdings beeinflussten der Grund der Verspätung und die Bedeutung der Frist das Ausmaß der potenziellen Bewertungsverschlechterung. 

"Es gibt derzeit wenig Forschung zu den Konsequenzen von Fristüberschreitungen oder -verfehlungen, obwohl Mitarbeitende, Studierende und Unternehmen oft Leistungen nach dem vorgesehenen Zeitpunkt abgeben", formulieren die Autoren einen der Impulse für ihre Arbeit. Bisherige Forschungen zum Einfluss von Fristen hätten sich eher darauf konzentriert, wie Fristen das Verhalten der Person beeinflussen, die die Arbeit einreicht, – beispielsweise auf die Fertigstellungsrate, die Aufgabenleistung oder die Kreativität. Mögliche Gründe für verpasste Abgabefristen liegen der Studie zufolge beispielsweise darin, dass die Dauer eines Projekts unterschätzt wird oder die Zeit, die man zukünftig dafür noch hat, überschätzt. 

Der zu frühe Vogel fängt nicht den dickeren Wurm 

Werde die vereinbarte Frist gebrochen, dominiere im Bewertungsvorgang die dadurch vermindert wahrgenommene Integrität und Kompetenz. "Kompetenz als Kennzeichen beruflicher Identität und Wirksamkeit ist eng mit der Beständigkeit und Exzellenz der Aufgabenausführung verknüpft. Daher kann eine Veränderung der wahrgenommenen Kompetenz die subjektiven Bewertungen der eingereichten Arbeit einer Person durch die Gutachtenden beeinflussen", heißt es dazu in der Studie. 

Als wie gravierend das Übertreten einer Frist wahrgenommen werde, hänge dabei stark von der Bedeutung der zu erledigenden Aufgabe als auch der Frist ab. "Das Vorhandensein externer, unkontrollierbarer Faktoren bei der Verletzung sozialer Vereinbarungen löst im Allgemeinen eine nachsichtigere Reaktion aus", wird in der Studie weiter erläutert. 

Wer seine Arbeit zu früh abgebe, habe allerdings auch nicht mit einer besseren Bewertung zu rechnen. Die bewertende Person gehe dann nach einer Zeitdauer-Heuristik regelmäßig davon aus, dass die Gründlichkeit und handwerkliche Qualität durch eine kürzere investierte Zeit geringer sein müsse. Dieser Mangel an Mühe werde in der Praxis bei der Urteilsfindung höher eingeschätzt als der potenzielle Qualitätsgewinn durch eine verspätete Abgabe, welche möglicherweise auf Perfektion beruhe. In beiden Fällen sei die Wahrnehmung tendenziell negativ. Bilanzierend sei es eine naheliegende Empfehlung, eine Arbeit möglichst genau zum Fälligkeitsdatum abzugeben.

cva