Zeitungsstapel
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Publizistik
Vertrauen in Medien spaltet die Bevölkerung

Die Zahl der Medienskeptiker steigt. Gleichzeitig widersprechen immer mehr Bürgerinnen und Bürger den Vorwürfen einer "Lügenpresse".

25.02.2020

Das Vertrauen der deutschen Bevölkerung in Medien polarisiert immer mehr. Während etwa jeder Fünfte in Deutschland den Medien vorwirft, die Bevölkerung systematisch zu belügen, weisen zugleich immer mehr Menschen solche Vorwürfe explizit zurück. Das geht aus neuen Befunden der Langzeitstudie "Medienvertrauen" der Johannes Gutenberg-Universität Mainz (JGU) hervor.

Insgesamt stimmten demnach 18 Prozent der Bevölkerung der Aussage zu: "Die Bevölkerung in Deutschland wird von den Medien systematisch belogen." Die Zahl ist vergleichbar mit den Vorjahren: 2018 waren es 16 Prozent, 2016 19 Prozent. Gleichzeitig weisen mit 58 Prozent der Befragten inzwischen so viele Menschen wie nie in der Langzeitstudie den "Lügenpresse"-Vorwurf zurück. 2018 waren es 51 Prozent, 2016 nur 44 Prozent.

Das Medienvertrauen der Bürger unterscheidet sich dabei laut Mitteilung nach Themen: Beim wenig umstrittenen Thema "Wohnungsnot" halten 55 Prozent die Berichterstattung für vertrauenswürdig, nur 16 Prozent haben kein Vertrauen. Beim Klimawandel vertrauen 48 Prozent der Befragten in die Medien, 23 Prozent nicht. Bei der Berichterstattung über die AfD haben nur 36 Prozent Vertrauen, 32 Prozent haben kein Vertrauen. Nur 31 Prozent vertrauen in die Berichterstattung über den Islam.

Die Mitte schwindet

Insgesamt vertrauten 43 Prozent der Befragten den etablierten Medien in "wichtigen Fragen". Die Zustimmung sei damit vier Jahren in Folge vergleichsweise konstant geblieben. Der Anteil lag in dieser Zeit zwischen 41 und 44 Prozent. Allerdings äußerten mit 28 Prozent auch mehr Menschen Misstrauen gegenüber den etablierten Medien in "wichtigen Fragen". Im Vierjahrestrend waren es zwischen 17 und 22 Prozent. Die Gruppe derjenigen, die beim Vertrauen eine mittlere Position einnehmen, beträgt laut Mitteilung nur noch 29 Prozent. 2018 waren es 34 Prozent, 2008 noch 63 Prozent.

Das Vertrauen in den öffentlich-rechtlichen Rundfunk ist der Langzeitstudie zufolge seit Jahren recht stabil. In der aktuellen Erhebungswelle vertrauten 67 Prozent der Bevölkerung dem öffentlich-rechtlichen Fernsehen. Regionalzeitungen lagen mit 65 Prozent direkt dahinter. Überregionale Zeitungen werden von 55 Prozent der Befragten als vertrauenswürdig eingeschätzt. Das Vertrauen in Social-Media-Angebote als Quelle von Nachrichten ist gestiegen. 2018 äußerten nur vier Prozent Vertrauen zu den Nachrichten in sozialen Netzwerken, in der neuen Umfrage sind es 10 Prozent.

Das Autorenteam sieht in den Daten eine seit Jahren zunehmenden Polarisierung beim Medienvertrauen. Menschen, die gegenüber den etablierten Medien zynisch eingestellt sind, fänden sich dabei überdurchschnittlich häufig am rechten Rand des politischen Spektrums. Sie seien formal niedriger gebildet, deutlich politikverdrossener und hätten Angst, dass sich ihre wirtschaftliche Situation in der Zukunft verschlechtern werde. Darüber würden die etablierten Medien vor allem von denjenigen Bürgern pauschal verurteilt, die häufig alternative Nachrichtenquellen im Social Web konsumierten und regelmäßig Nutzerkommentare auf den Seiten der etablierten Medien schrieben.

Die aktuellen Ergebnisse der Langzeitstudie "Medienvertrauen" basieren auf einer repräsentativen Telefon-Umfrage (CATI), die das Meinungsforschungsinstitut IFAK im November und Dezember 2019 im Auftrag der Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler des Instituts für Publizistik der Uni Mainz durchgeführt hat. Für die aktuelle Umfrage wurden 1.200 Bürgerinnen und Bürger ab 18 Jahren befragt.

ckr