Eine junge Frau ist im Strudel von Selbstzweifeln gefangen (Symbolbild).
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Hochschulforschung
Was die Leistung von Studentinnen mindert

Mit besseren Abiturnoten an die Unis gekommen, erhalten Studentinnen schlechtere Noten als Studenten. Eine neue Studie geht den Gründen nach.

09.09.2024

Junge Frauen haben bessere Noten in der Schulzeit als ihre Mitschüler. Warum setzen sie diesen Vorsprung im Studium nicht fort und fallen hinter ihren Kommilitonen zurück? Dieser Frage ist eine neue Studie nachgegangen, die im August in der Fachzeitschrift "Research in Higher Education" erschienen ist. Ausschlaggebend sei vor allem, dass Studentinnen empfänden, dass Frauen an den Hochschulen diskriminiert würden, so das Autorenteam aus Konstanz und Kopenhagen.

Die Forschenden konnten bestätigen, dass junge Frauen Diskriminierung und Konkurrenz deutlicher wahrnähmen als ihre Kollegen. Ihre Daten ergaben, dass Konkurrenzdruck die Leistungen von Studierenden beider Geschlechter negativ beeinflusse. Das Autorenteam beobachtete aber vor allem, dass eine höhere wahrgenommene Diskriminierung zu schlechteren Leistungen der jungen Frauen führte. Bei den Männern stellten sie diese Folge nicht fest. Dies könne auf lange Sicht Einfluss auf den Arbeitsmarkt und die Gehaltslücke zwischen Männern und Frauen haben, da die Studienabschlussnoten die beruflichen Chancen und die Höhe des Einkommens beeinflussten.

Diskriminierung erzeugt Erfolgsdruck

Für Studentinnen sei es problematischer als für ihre Kommilitonen, dass sie den Eindruck hätten, Frauen erlebten an der Hochschule Diskriminierung. Als Angehörige der unterlegenen Gruppe internalisierten sie Vorurteile eher als die bevorteilte Gruppe und könnten sich selbst und ihre Fähigkeiten unterschätzen. Die geringere Leistung von Studentinnen läge zudem an dem "sterotype threat"-Effekt. Dieser trete ein, wenn jemand bewertet würde, für dessen Gruppe ein negatives Vorurteil existiere. Wollten Studentinnen etwa das gesamtgesellschaftlich präsente negative Vorurteil überwinden, dass Frauen weniger kompetent seien, könnten sie unter Leistungsdruck schlechtere Noten erhalten.

Besonders stark sei dieses Vorurteil in Situationen, die als männlich dominiert gelten. Die Forschenden stellten fest, dass bei Frauen, die Ingenieur- oder Naturwissenschaften studierten, ein deutlich geringerer Zusammenhang zwischen guten Schulnoten und ebenso guten Hochschulnoten feststellbar war als bei Männern. Die Forschenden schlossen daraus, dass in Fächern, die überproportional von Männern studiert und in denen Frauen als Minderheit gelten würden, die empfundene Diskriminierung besonders deutliche Auswirkungen auf die Noten der Frauen hat. Umgekehrt seien in Sozialwissenschaften, die laut Studie eher weiblich besetzt seien, auch die niedrigsten Erfahrungen von Diskriminierung und Konkurrenz berichtet worden.  "Es war interessant zu sehen, wie die wahrgenommene Diskriminierung von Frauen bei Studentinnen die Vorhersagekraft der Schulnoten für die Noten an der Universität verringert.", kommentiert Mitautorin Professorin Susanne Strauss von der Universität Konstanz auf Anfrage von "Foschung & Lehre", "Dem sollten wir weiter auf den Grund gehen, um zu verstehen, wie wir Studentinnen in männerdominierten Fächern unterstützen können, ihr volles Potenzial zu erreichen."

Die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler haben für ihre Studie Daten von knapp 50.000 Studierenden analysiert, die von 1982 bis 2013 an der "Studierendenbefragung in Deutschland" teilgenommen und darin ihre Einschätzungen zu Diskriminierung und Konkurrenz mitgeteilt hatten. Die Forschenden vermuten, dass ihre Ergebnisse auch auf andere europäische Länder übertragbar sein könnten, allerdings sei weitere Forschung nötig, um zu ermitteln, in welchem Umfang. 

aktualisiert am 10.09.2024 um 10.14 Uhr, zuerst veröffentlicht am 09.09.2024

cpy