Bei dem 45 Jahre alte Probanden Fabian Feldt wird per Ultraschall die Schilddrüse von Humanbiologin Karen Salewski untersucht.
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Langzeitstudie
Welche Faktoren beeinflussen die Gesundheit?

In Vorpommern haben Forschende am Donnerstag den 10.000sten Teilnehmer ihrer Langzeitstudie untersucht. Sie erforschen die menschliche Gesundheit.

12.01.2023

"Nahezu alle Risiken und Nebenwirkungen des menschlichen Lebens" aufdecken – diesen Anspruch hat eine seit 1997 in Vorpommern laufende, große Gesundheitsstudie. Am Donnerstag wurde in Greifswald der 10.000sten Teilnehmer untersucht. Der 45-jährige Fabian Feldt sollte einen mehrstündigen Check durchlaufen inklusive Schilddrüsen-Ultraschalls und Handuntersuchung. "Für das international stark nachgefragte Gesundheitsprojekt ist das ein Meilenstein", betonte der Studienleiter Professor Henry Völzke von der Universitätsmedizin Greifswald (UMG).

Durch das Mammutprojekt wollen die Wissenschaftler das Auftreten von Krankheiten besser verstehen. Über das Zufallsprinzip werden Teilnehmer und Teilnehmerinnen ausgewählt und Kohorten gebildet. Einige Probanden der ersten Kohorte seien bereits fünfmal im Abstand von mehreren Jahren durchgecheckt worden. Mittlerweile gibt es die dritte Kohorte. Die Probanden werden nicht nur medizinisch und zahnmedizinisch gründlich untersucht, sondern auch mittels Interviews und Fragebögen befragt. So soll etwa auch der Einfluss des Berufs – sei es durch Schichtarbeit oder Stress – auf die Gesundheit erfasst werden.

Auch Tiere als Einflussfaktoren auf die Gesundheit der Menschen berücksichtigt

Ebenfalls Teil der Untersuchungen sind seit 2021 Haus- und Nutztiere der Teilnehmenden. Dahinter steht der Gedanke "One Health" (übersetzt: eine Gesundheit), also die gemeinsame Betrachtung menschlicher und tierischer Gesundheit sowie der wechselseitige Einfluss.

Bislang habe das sogenannte SHIP-Projekt (Study of Health in Pomerania) zur Gesundheit in Vorpommern beispielsweise gezeigt, dass im Zehn-Jahres-Zeitraum der Alkohol- und Tabakkonsum zwar zurückgegangen sei, aber Fettleibigkeit und Diabetes in der Region deutlich zugenommen hätten. Außerdem sei beispielsweise belegt worden, dass bestimmte Zahnfleischbeschwerden unter anderem das Herzinfarkt- und Demenz-Risiko erhöhen. Im Rahmen nationaler und internationaler Kooperationen, in denen auch SHIP-Daten eingeflossen seien, seien unter anderem Risikogene für Gicht, Fettleber, Nierenkrankheiten oder Schilddrüsenfehlfunktion entdeckt worden.

Langzeitstudie analysiert zahlreiche Proben und liefert Material für viele Publikationen

Die Zahlen des Projekts sind nicht nur in Sachen Teilnehmer beeindruckend. Nach Angaben der Organisatoren wurden mehr als 24.000 Blutproben und über 21.000 Urinproben entnommen, fast 7.000 MRT-Untersuchungen und mehr als 19.000 Herz-Ultraschalls gemacht und ausgewertet. Fast 330 Tiere seien untersucht worden. Eine spezielle Abteilung der Universitätsmedizin Greifswald unterstütze mit fast 90 Mitarbeitern und Mitarbeiterinnen zusätzlich zu Studierenden die Datenerhebung. Seit dem Jahr 2000 seien 1.580 wissenschaftliche Publikationen international veröffentlicht worden.

Wie die Projektverantwortlichen am Donnerstag mitteilten, soll in vier Jahren ein Forschungsneubau eingeweiht und dafür 65,6 Millionen Euro investiert werden. Das SHIP-Projekt habe maßgeblich zur Einwerbung der Mittel beigetragen.

dpa