ein Haufen leerer Plasteflaschen
picture alliance/dpa-Zentralbild/ Peter Endig

Umwelt
Welche Maßnahmen gegen Plastikmüll helfen

Die Menge an Kunststoffen und Plastikmüll steigt stetig. Forscher haben in Szenarien berechnet, wie sich der Abfall am besten senken lässt.

24.07.2020

Eine umfassende und globale Kombination von Maßnahmen könnte die Menge des weltweiten Plastikmülls in den kommenden zwei Jahrzehnten um fast 80 Prozent reduzieren, schreibt ein internationales Forscherteam im Fachblatt "Science". Doch selbst in diesem optimistischen Szenario würden bis zum Jahr 2040 noch 710 Millionen Tonnen Plastik in der Umwelt landen, davon 460 Millionen Tonnen an Land und 250 Millionen Tonnen in Gewässern.

Plastikmüll ist allgegenwärtig. Er findet sich in Ozeanen, Flüssen und Seen weltweit. Winzige Partikel sind auch in Menschen und Tieren nachweisbar. Allein in Deutschland gelangen nach einer Untersuchung von 2018 jährlich rund 446.000 Tonnen Kunststoff in die Umwelt. Die Politik reagierte inzwischen: So beschloss die EU ein Herstellungsverbot für Einwegplastik ab Mitte 2021, die Regeln für den Export von Kunststoffabfällen wurden bereits 2019 verschärft.

Das internationale Team um Dr. Winnie Lau von der US-Organisation "Pew Charitable Trusts" berechnete nun fünf Szenarien, wie sich die weltweite Menge an Plastikabfällen entwickeln könnte. Diese berücksichtigen Maßnahmen wie Einsammeln und Entsorgen, Recycling, Verringerung der Plastikmenge sowie ein umfassender Systemwechsel durch Anwendung all dieser Maßnahmen. Diese "System Change" genannte Kombination könnte den Kunststoffmüll bis 2040 demnach um 78 Prozent verringern.

Nach Einschätzung von Professor Stefan Krause von der Universität Birmingham sind die Ergebnisse der Analysen alarmierend. Sie zeigten die unmittelbare Notwendigkeit zeitnaher Veränderungen in unserem Umgang mit Plastik auf, kommentierte er die Studie. "Es verwundert allerdings, dass die Autoren sich dazu entschieden haben, technologische Innovationen in der Produktion von abbaubarem Bioplastik nur begrenzt in ihren Szenarien zu berücksichtigen", bemängelte der Biogeochemiker.

Studie unterstreicht Handlungsdruck

Auch für die Meeresbiologin Dr. Melanie Bergmann vom Alfred-Wegener-Institut für Polar- und Meeresforschung unterstreicht die Studie den Handlungsdruck: "Zum ersten Mal werden die Auswirkungen verschiedener Instrumente zur Reduzierung von Plastik-Emissionen beziehungsweise ihre Gesamtwirkung berechnet." Die Arbeit zeige, dass Eile geboten sei, denn wenn die tiefgreifenden Veränderungen des gebotenen "System Change"-Szenarios um nur fünf Jahre verschoben würden, sammelten sich in der Umwelt 300 Millionen Tonnen mehr Plastik an: "Genau derartige Zeitskalen brauchen wir, um den Ernst der Lage zu begreifen und beherzt umzusteuern", sagte Bergmann.

Mit der Studie ist auch ein ausführlicher Bericht der "Pew Charitable Trusts" und des deutschen Unternehmens "Systemiq" mit Unterstützung der Universitäten von Leeds und Oxford verbunden. Dieser empfiehlt vor allem folgende Maßnahmen:

  • Reduzierung der Plastikproduktion und des Kunststoffverbrauchs, um fast ein Drittel des weltweiten prognostizierten Plastikmülls zu vermeiden
  • Ersetzen von Plastik durch Papier und kompostierbare Materialien
  • Produktion von wiederverwendbaren Produkten und Verpackungen
  • Ausweitung der Abfallsammelquoten in Ländern mit mittlerem und niedrigem Einkommen
  • Einrichtungen zur Entsorgung jener 23 Prozent an Kunststoffen, die nicht wirtschaftlich recycelt werden können
  • Reduktion des Exports von Plastikmüll

Die in der Studie untersuchten Interventionen seien alle mit den vorhandenen Technologien erreichbar, betont Ko-Autor Ed Cook von der Universität Leeds: "Die von uns vorgeschlagenen Ansätze liegen bereits innerhalb unserer Möglichkeiten – aber es erfordert den politischen, gesellschaftlichen und unternehmerischen Willen, um dies zu erreichen."

dpa/ckr