Wissenschaftler mit Laptop in der Hand, er scheint etwas zu publizieren
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Boykott
Weniger Preprints mit israelischer Beteiligung

Sind israelische Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler an weniger internationalen Kooperationen beteiligt? Preprints liefern Anhaltspunkte.

29.09.2025

Nehmen Forschungskollaborationen mit Israel als Konsequenz des Gaza-Kriegs global ab? Die sinkende Anzahl der veröffentlichten Preprints, die aus gemeinsamen Forschungsprojekten von internationalen Forschenden mit israelischen Kolleginnen und Kollegen stammen, scheint dies zu zeigen. Sie könnte ein Anzeichen dafür sein, dass das Land durch Boykotte wissenschaftlich isoliert werde, urteilt eine aktuelle Auswertung des Online-Magazins Science Business. Am deutlichsten sei der Rückgang bei Ländern zu bemerken, deren Regierungen das Vorgehen Israels im Gazastreifen am offensivsten kritisiert hätten, etwa Spanien und Südafrika.

Kurz bevor sich der Überfall der Hamas auf Israel am 7. Oktober 2023 zum zweiten Mal jährt, hat Science Business Preprints analysiert, die von der Datenbank Scopus erfasst wurden. Preprints, also nicht-begutachtete Versionen wissenschaftlicher Artikel, eigneten sich besonders zur Analyse von aktuellen Trends. Sie könnten von Forschenden unmittelbar veröffentlicht werden, da es anders als bei Fachzeitschriften keine mehrmonatige Wartezeit durch den Begutachtungsprozess gebe. Daher spiegelten sie aktuelle Kooperationen zeitnah wider.

Deutschland verzeichnet ebenfalls Rückgang

In Spanien sei der Anteil der Artikel, die in israelischer Co-Autorschaft verfasst wurden, von 9,2 Prozent in 2024 auf 5,9 Prozent in 2025 gesunken, in Südafrika von 3,4 Prozent auf ein Prozent. Der Zusammenhang zwischen politischer Positionierung der Regierung dieser Länder und dem Rückgang der Preprints legt dem Online-Magazin zufolge nahe, dass die Boykottaufrufe eine Rolle gespielt haben.

Auch für Deutschland stellt die Auswertung in diesem Jahr gesunkene Anteile fest: Nachdem 2024 noch 16 Prozent der Preprints in Zusammenarbeit mit einem israelischen Wissenschaftler oder einer israelischen Wissenschaftlerin entstanden sind, waren es 2025 bisher nur 12,7 Prozent. Derweil hatte sich Professor Walter Rosenthal im Namen der Hochschulrektorenkonferenz (HRK) im Juni dieses Jahres deutlich gegen einen Boykott der israelischen Wissenschaft ausgesprochen. Ein Boykott wäre fatal: "Dies würde die israelische Wissenschaft in ihrer international anerkannten Leistungs- und Innovationskraft erheblich schwächen und als wichtige, unterschiedliche Perspektiven und Interessen analysierende, vermittelnde und zusammenführende Stimme der wissenschaftlichen Vernunft in Israel nachhaltig beschädigen."

In den USA sei der Rückgang an Preprints mit israelischer Beteiligung gering, was Science Business damit begründet, dass auf politischer Ebene gegen Boykotts vorgegangen werde: Die National Science Foundation hat es im Mai zur Bedingung von Fördergeldern gemacht, dass die geförderten Projekte und Forschenden Israel nicht boykottieren dürfen.

Daten nur eingeschränkt aussagekräftig

Ein Problem bei der Analyse der Preprint-Daten sei, dass sie nur einen kleinen Anteil der Wissensproduktion ausmachen, so Science Business. Bei Artikeln in Fachzeitschriften sei noch kein Rückgang von israelisch-internationalen Zusammenarbeiten zu bemerken. Zudem stammten die Scopus-Daten mehrheitlich von der Preprint-Plattform arXiv, die auf die Fächer Physik, Mathematik und Informatik spezialisiert ist. Darüber hinaus sei ein Zusammenhang zwischen sinkenden Preprint-Zahlen und den Boykotten nicht eindeutig aus den Daten zu ermitteln: Auch durch weitere Folgen der angespannten Lage in Nahost sei eine Zusammenarbeit mit israelischen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern erschwert worden, wie etwa durch Unregelmäßigkeiten im Flugverkehr oder Reisewarnungen. 

cpy