Sanduhr vor blauem Hintergrund
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Psychologie
Wie die Zeit in der Pandemie vergeht

Der Beginn der Corona-Pandemie wurde von vielen als Zeitenwende erlebt. Aber ändert er auch das Zeitempfinden?

25.05.2022

Seit Beginn der Corona-Pandemie haben viele Menschen von einem veränderten Zeitempfinden berichtet: Einige erlebten den Verlauf der Zeit als beschleunigt, andere als verlangsamt. Bisherige Studien konnten das Zeitempfinden ihrer jeweiligen Probandinnen und Probanden allerdings nicht mit Daten aus der vorpandemischen Zeit vergleichen. Daher konnten sie auch nicht belegen, dass es sich wirklich um ein Phänomen der Pandemie handelt und nicht um normale Schwankungen im Zeitvempfinden der Befragten.

Einem Team der Universität Regensburg ist dies in einer neuen Studie für den deutschen Kontext gelungen. Demnach berichteten die Personen, die das Zeitvergehen während der Pandemie beurteilt haben, im Mittel ein subjektiv deutlich langsameres Zeitvergehen, als die Befragten, deren Daten vor der Pandemie erhoben wurden.

Wie sich das veränderte Zeitempfinden erklären lässt

Verändertes Zeitempfinden werde oft mit Erinnerungen erklärt, erläutert das Autorenteam: Demnach führten Zeitspannen mit zahlreichen vielfältigen Erlebnissen zu mehr Gedächtnisinhalten, was den Eindruck erwecke, dass diese Zeiten voller von Erinnerungen seien und daher als länger wahrgenommen würden. Vermehrte Routinen bedeuteten in diesem Modell weniger Erinnerungen und somit ein beschleunigtes Zeitempfinden.

Die Daten des Teams aus Regensburg bestätigten dieses Erklärmodell allerdings nicht. Die dem Eindruck der Befragten nach langsamer vergangene Zeit während der Pandemie lasse sich vielmehr am besten mit den erlebten negativen Gefühlen erklären: Je weniger soziale Zufriedenheit die Probandinnen und Probanden für das pandemische Geschehen berichteten, desto langsamer komme ihnen diese Zeit auch vor. Dies könne daran liegen, dass Menschen sich mehr auf die Zeit und ihr Vergehen konzentrierten, wenn sie negative Gefühle hätten. Demgegenüber habe mehr Zufriedenheit mit der Situation zu einem beschleunigten Zeitempfinden geführt.

Der Zusammenhang zwischen negativen Emotionen und der als langsamer empfundenen Zeit sei unabhängig von kulturellen Unterschieden, da er auch in vorausgegangenen internationalen Studien festgestellt worden sei.

Für die Studie haben die Forschenden im Mai 2021 500 in Deutschland lebende Personen zu ihrem Erleben der vorausgegangenen 12 Monate per Onlineumfrage befragt. Dies wurde verglichen mit den Antworten von 755 Personen aus früheren Studien. Die Studie ist in der Fachzeitschrift "Plos One" erschienen.

cpy