

Forschungsförderung
Wie effizient fördert Deutschland?
Herausragende Forschung braucht institutionelle und projektbasierte Förderung. Das zeigt eine neue, international vergleichende Studie. Das Beratungsunternehmen PwC hat sie im Auftrag der britischen Russel Group, der Vereinigung 24 forschungsstarker Universitäten in Großbritannien, durchgeführt. Für die Studie wurden die Forschungsförderungssysteme verschiedener Länder verglichen: neben Deutschland und Großbritannien unter anderem auch Kanada, die Niederlande und Südkorea. Es sollten Merkmale festgestellt werden, die zu herausragender Forschung und besonderer Innovationskraft führen, wie die Russel Group Ende April mitgeteilt hat. Deutschland bekommt im Vergleich vor allem in der Effizienz der Förderung nur eine niedrige Bewertung.
Deutschland fehlt Effizienz
Laut dem Report gehört es zu den Stärken der Forschungsförderung in Deutschland, dass die Verantwortung zwischen Bund und Ländern aufgeteilt ist. Die Länder hätten eine hohe Autonomie und könnten so regionale Bedürfnisse besser erfüllen. Dies erlaube die Bildung von regionalen Spezialisierungen sowie einer gesunden Konkurrenz zwischen den Standorten. Verschiedene Mechanismen sorgten dafür, dass Bundes- und Länderebenen zusammenarbeiteten: Die Bundesebene vereinheitliche die Vielfalt auf der jeweiligen Länderebene erfolgreich.
Die Bundesebene habe allerdings im Vergleich zu den anderen untersuchten Nationen weniger direkten Einfluss auf die Forschungsaktivitäten der Hochschuleinrichtungen. Das dezentrale System berge zudem das Risiko, dass sich Förderungen an verschiedenen Standorten überlappten und es so überflüssige Dopplungen gebe. Auch sei es möglich, dass sich die Länder durch ihre Konkurrenz nicht gemeinsam um Innovation bemühten. Beides sorgt dafür, dass das als äußerst "komplex" beschriebene deutsche System im Bereich Effizienz nur die Wertung "niedrig" erhält. Dies macht die Studie auch daran fest, dass Deutschland bei Publikationen und Zitationen pro investiertem Dollar im Vergleich mit den betrachteten zehn Ländern nur ein unterdurchschnittliches Ergebnis erziele.
Exzellenz und Innovation durch Förderung
Die Studie sieht es als Stärke des deutschen Systems, dass sowohl auf der Bundesebene als auch auf der Ebene der Länder die institutionelle Förderung durch projektbasierte Förderprogramme ergänzt wird. Die institutionelle Förderung, die langfristige Finanzierungsverpflichtungen beinhalte, bringe Stabilität. Eine weitere Qualität sei der hohe Anteil von industrieller Forschungsförderung durch staatliche Anreize, die Kooperationen zwischen Wissenschaft und Industrie stärkten.
Ebenfalls eine gute Bewertung erhält die deutsche Forschungsförderung in den Bereichen Exzellenz und Innovation. Für diese Einschätzung zieht die Studie Kennzahlen heran, wie die Anzahl der Nobelpreise pro Million Einwohner, den Nature Index-Rang und das Clarivate Research Fronts Länderranking, bei denen Deutschland im Vergleich mit den anderen von der Studie analysierten Ländern jeweils den dritten und zweiten Platz belege. Bei der Anzahl der Patente und dem Verhältnis von Patenten zu Forschenden (0,3) liege Deutschland auf dem vierten Platz.
Forschungsförderung in Großbritannien und weiteren Ländern
Auch in Großbritannien sei das Fördersystem dual, setze allerdings neben der Projektförderung nur zu etwa einem Drittel auf institutionelle Förderung. Bei der Verwendung der institutionellen Förderungen seien die Hochschulen unabhängig, so dass sie auf neue Herausforderungen schnell reagieren könnten. Besonders stark ist Großbritannien laut Studie in der Forschungsexzellenz. Dies liege an der leistungsbasierten Förderung, die nach fest etablierten Kriterien vergeben würde. Förderung erhielten nicht nur große, forschungsstarke Universitäten, da alle Einrichtungen motiviert würden, strategisch zu investieren und Forschungsschwerpunkte und Stärken zu entwickeln.
Zu den weiteren Schwerpunktländern arbeitet die Studie unter anderem heraus, dass Kanada auf nationaler Ebene fast nur auf die Projektförderung setze und lediglich auf der Ebene der Provinzen und dort in unterschiedlicher Ausprägung über institutionelle Förderung verfüge. Im Unterschied dazu sei der Anteil der institutionellen Förderung in den Niederlanden überwiegend (68 Prozent) und würde wie die projektbasierte Förderung auf nationaler Ebene organisiert, so dass es nur geringe regionale Unterschiede gebe. Südkorea verlasse sich stark auf die industrielle Förderung. Staatliche Förderung erfolge mehrheitlich durch Projektfinanzierung und nur begrenzt über Investitionen in Institutionen.
Allgemein kommt die Studie zu dem Schluss, dass die Fördermechanismen auf das jeweilige Forschungssystem angepasst sein müssen und die wirtschaftliche und politische Lage berücksichtigen sollten. Darüber hinaus sollte der Wunsch der Staaten, die Forschungsförderung zu steuern, und die Autonomie der Hochschuleinrichtungen und außeruniversitären Forschungseinrichtungen sowie der Forschenden ausgeglichen sein. Es sei dabei wichtig, so zu investieren, dass regionale Stärken im Bereich von Forschung und Entwicklung weiterentwickelt würden. Angewandte Forschung müsse ebenso gefördert werden wie Grundlagenforschung.
cpy
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