Verärgerter Mann am Telefon
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Wirtschaftswissenschaften
Wie geduldig sind verärgerte Kunden?

Forscher haben die Geduldsspanne verärgerter Kunden untersucht. Richtig informiert lassen die durchaus mit sich reden.

18.05.2018

Wie lange können sich Firmen damit Zeit lassen, Beschwerden über Servicefehler zu bearbeiten und Kunden dafür zu entschädigen? Und wie entwickelt sich die Erwartungshaltung von Kunden, je länger eine Entschädigung auf sich warten lässt? Mit diesen Fragen hat sich ein Forscherteam des Lehrstuhls für Dienstleistungsmanagement an der Katholischen Universität Eichstätt-Ingolstadt (KU) befasst.

"Wie wir vorab bei einer Befragung von über 50 Service-Verantwortlichen – von Fluglinien über Paketdienstleister bis hin zu Tourismusanbietern – feststellen konnten, haben bislang nur wenige Firmen eigene Standards für den Zeitraum definiert, in dem Service-Fehler zu bearbeiten sind", erklärt Professor Dr. Jens Hogreve. Bisher habe keine Studie den direkten Einfluss der Zeit bis zu einer Wiedergutmachung auf die Erwartungen der Kunden an die Kompensationshöhe untersucht.

Daher haben Hogreve und sein Team mehrere Hundert Probandinnen und Probanden unter anderem mit diesem Szenario konfrontiert: Als Fluggast haben sie nicht ihren reservierten Sitzplatz erhalten, sondern einen ungünstiger gelegenen, aber in der gleichen Kategorie. Anschließend wurden sie darüber informiert, dass sie nach einer Beschwerde am Serviceschalter sofort bzw. nach einer Woche oder vier Wochen eine Entschädigung erhalten. Die Probandinnen und Probanden sollten hierbei angeben, in welcher Höhe eine Entschädigung für sie zum jeweiligen Zeitpunkt befriedigend wäre.

Die Ergebnisse zeigen, dass zwar die Erwartungshaltung tendenziell ansteige, je länger eine Entschädigung dauert. Jedoch ließen sich kaum Unterschiede in der erwarteten Kompensationshöhe zwischen einer sofortigen Entschädigung und einer Wiedergutmachung nach einer Woche feststellen.

Wirtschaftsforschung: Gute Kunden-Kommunikation lohnt sich

Der Zorn der Kunden und ihre Erwartungshaltung halte sich in Grenzen, wenn ihnen plausible Gründe für die Verzögerung genannt würden oder die Firma sie über den Fortgang der Bearbeitung auf dem Laufenden halte. Meine die Firma es jedoch zu gut mit der Kommunikation, indem sie die Kunden sowohl mit einer Erklärung für die Wartezeit als auch mit Statusinformationen versorge, komme es zu einem "too-much-of-a-good-thing" Effekt, der dazu führe, dass die Kompensationserwartung mit der Zeit steige.

Untersucht haben die Wirtschaftswissenschaftler der KU auch, wie sich Neukunden von Stammkunden in ihrer Erwartungshaltung unterscheiden: Während Personen, die zum Beispiel erstmals mit einer Fluglinie unterwegs sind, schnell eine höhere Entschädigung erwarten, haben Stammkunden eine größere Geduld. "Wenn Firmen jedoch den Bogen überspannen, erwarten Bestandskunden erst Recht eine höhere Kompensation. Hier kann gewissermaßen 'Liebe' schnell in 'Hass' umschlagen", erklärt Hogreve. Hinzu komme, dass zwar die Erwartungshaltung der Kunden wieder absinke, je länger die Resonanz auf eine Beschwerde dauere. Dies sei jedoch eher Ausdruck von Frustration, die sich in generelle Unzufriedenheit mit der Firma und einer Neigung zeigen, das Unternehmen im eigenen Umfeld nicht weiterzuempfehlen.

"Für Firmen empfiehl es sich, beispielsweise durch Befragungen mehr über die branchenspezifische Zeit zu erfahren, die ihre Kunden bei der Bearbeitung von Service-Fehlern tolerieren", empfiehlt Hogreve. Für die Forschung wiederum gelte es, unter anderem herauszufinden, wie Kunden reagieren, wenn sich die tatsächliche Höhe der Entschädigung und das Tempo der Bearbeitung von der eigenen Erwartungshaltung unterscheiden. In den experimentellen Studien erhielten die Probanden als fiktive Kunden nämlich die gewünschte Summe ohne Wenn und Aber.

kas